Kurz-Interview mit Mechthild Gläser (21.12.2011)
Schattenkämpferin: Hallo Mechthild! Im Januar wird Dein Debüt-Roman „Stadt aus Trug und Schatten“ beim Loewe-Verlag erscheinen. Darin geht es im weitesten Sinne auch um eine Traumwelt, in der die Seelen der Schlafenden ihren Platz finden. Welche Bedeutung hat das Thema der vierten PHANTAST-Ausgabe „Träume“ für Dich persönlich?
Mechthild Gläser: Träume haben mich schon immer fasziniert, weil sie etwas sind, das wir nicht kontrollieren können. Wenn wir schlafen, passiert etwas mit unserem Bewusstsein, was wir nicht verstehen. Besonders spannend finde ich übrigens die Träume, an die wir uns nicht erinnern. Dann ist das Aufwachen wie ein Auftauchen aus der Dunkelheit und man fragt sich, was man wohl in dieser Nacht erlebt hat. Oder, in welcher Welt man zu Gast war.
Schattenkämpferin: Sicher kann man diese Veröffentlichung für Dich die Erfüllung eines Traumes ansehen, doch Träume sind ja sehr vielfältig. Welche Definition(en) von „Traum“ hast Du neben solchen, die man sich erfüllen kann?
Mechthild: Ich denke, Träume sind Gefährten, die uns ein Leben lang begleiten. Manche von ihnen werden wahr, andere nicht. Aber das ist meiner Meinung nach auch nicht das Entscheidende. Träume sind die Dinge, die ich mir vorstelle. Dinge, die sein könnten. Allein sie mir auszumalen bereichert mein Leben.
Schattenkämpferin: Träume sind auch in der Literatur ein sehr beliebtes Thema, vor allem in Verbindung mit dem Fantasy-Genre oder im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur. Wie viele Ideen hast Du für Deinen Erstling verworfen, bevor Du Deine Wahl für Eisenheim getroffen hast?
Mechthild: Mit dem Schreiben habe ich schon als Jugendliche begonnen, deshalb gibt es natürlich einige Ideen, die ich irgendwann eingemottet habe. Fantasy mag ich dann am liebsten, wenn sie einen Bezug zu unserer realen Welt hat. Mich reizt daran der Gedanke, dass etwas wirklich so sein könnte. Auf die Idee zu Eisenheim bin ich gekommen, als ich darüber nachdachte, was wäre, wenn jeder von uns im Schlaf ein Doppelleben führen würde, ohne es zu wissen. Was, wenn ich Nacht für Nacht Teil eines phantastischen Abenteuers werde und es bloß nicht ahne?
Schattenkämpferin: Du hast Dich für eine Traumwelt entschieden, die quasi parallel zu unserem Schlaf existiert. Welche Grundlage hat diese Welt, die Du mit Eisenheim aufgebaut hast? Verbindest Du eigene Träume mit Floras Geschichte?
Mechthild: Eisenheim ist eine riesige Schattenstadt, die sich tief im Unterbewusstsein eines jeden Menschen verbirgt. Sie ist so etwas, wie ein Schwarzes Loch, weshalb sie aus Dunkler Materie besteht, die natürlich vollkommen andere Eigenschaften hat, als die Materie der realen Welt. Zum Beispiel gibt es keine Farben und Eisenheim liegt in ewiger Dunkelheit. Außerdem sind die Straßen und Gebäude ein durcheinander gemischtes Spiegelbild unserer Welt zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Grundidee ist die, dass die Seelen aller Menschen in jeder Nacht dorthin reisen. Doch nur wenige, die sogenannten Wandernden, erleben dies bewusst mit und können sich auch am Morgen noch an die Erlebnisse in der Schattenwelt erinnern. Dass Flora plötzlich zu einer solchen Wandernden wird und Eisenheim erkunden kann, ist natürlich etwas, wovon ich auch selbst manchmal träume. Außerdem würde ich gerne so gut Balletttanzen können wie sie.
Schattenkämpferin: Auch in Märchen werden oft Traumgestalten verwendet, um besonders Kindern einen gewissen Lehrwert mit auf den Weg zu geben. Welche Märchenbücher aus Deiner Kindheit sind Dir ganz besonders in Erinnerung geblieben? Und vor welchem Traumgestalten fürchtest Du Dich bis heute?
Mechthild: Als Kind hatte ich ein sehr altes, sehr dickes Märchenbuch, ich glaube es stammte noch von meiner Mutter früher. Darin enthalten waren die unterschiedlichsten Märchen von Hans Christian Andersen und den Gebrüdern Grimm, aber auch die Geschichten aus Tausend und einer Nacht. Ich weiß noch, wie ich meinen Vater immer wieder dazu genötigt habe, mir „Aladin“ vorzulesen, weil die Prinzessin in dem Buch Badrulbudur hieß und ich es irre komisch fand, wie er sich mit dem Namen abmühte. Eine Traumgestalt, vor der ich mich bis heute fürchte, stammt aus einem meiner Albträume. Dabei ging es um ein rätselhaftes Geisterkind, das andere Kinder umbrachte, inklusive Psychoeffekten. Noch heute erinnere ich mich daran, wie ich nach diesem Traum schweißgebadet aufgewacht bin.
Schattenkämpferin: Ebenfalls sehr zahlreich auf dem Buchmarkt vertreten sind Ratgeber zur Traumsymbolik und ihren Bedeutungen. Wie stehst Du zum Thema Traumdeutung? An welche Träume erinnerst Du Dich, die Du Dir gerne hättest deuten lassen?
Mechthild: Ehrlich gesagt deute ich meine Träume am liebsten selbst. Ich mag es, für mich allein nach dem Sinn in ihnen zu suchen. Dabei geht es mir gar nicht so sehr darum, einen Bezug zu meinem realen Leben zu finden. Ich versuche lieber, die sozusagen „innere Logik“ des Traums zu verstehen. Für mich sind Träume faszinierende Geschichten meines Unterbewusstseins, die mich unterhalten. Was ein Psychologe zu solchen, wie dem mit dem Geisterkind sagen würde, … möchte ich lieber gar nicht erst wissen.
Schattenkämpferin: Es heißt, dass das Unterbewusstsein die Erlebnisse des Tages durch Träume verarbeitet. Manchmal hat man auch das Gefühl, Situationen schon mal erlebt zu haben. Auch hört man des Öfteren von Autoren, die auf dem Nachttisch Zettel und Stift griffbereit haben. Wie stark erinnerst Du Dich nach dem Aufwachen an Deine Träume und welche Inspiration ziehst Du aus ihnen?
Mechthild: Ich träume sehr viel und relativ zusammenhängend. Bevor ich aufstehe, versuche ich, mich so genau wie möglich daran zu erinnern. Es ist immer wieder merkwürdig, wie abstrus die Dinge sind, die einem im Schlaf kurz zuvor noch vollkommen logisch erschienen. Zwar liegt mein Notizbuch stets neben meinem Bett, damit ich nächtliche Geistesblitze notieren kann, aus Träumen stammen die Ideen für meine Geschichten aber eher selten.
Schattenkämpferin: Zurück zum Thema des Veröffentlichungs-Traumes. Worauf dürfen sich zukünftige Fans denn freuen? Wird Floras Geschichte ein Einzelwerk bleiben oder sind dort Fortsetzungen geplant? Oder hast Du sogar schon ein völlig neues Projekt im Auge?
Mechthild: Zurzeit schreibe ich an der Fortsetzung. Insgesamt sind drei Bände um Flora, Marian und die Schattenwelt geplant.
Schattenkämpferin: Mechthild, ganz herzlichen Dank für das Interview – ich bin gespannt auf Deinen Roman!
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Gläser, Mechthild: Stadt aus Trug und Schatten
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