Alle sieben Wellen (Daniel Glattauer)
Goldmann, 1. Auflage März 2011
Taschenbuch, Broschur, 224 Seiten
€ 8,99 [D] | € 9,30 [A] | CHF 15,50
ISBN: 978-3-442-47244-4
Leseprobe
Genre: Belletristik
Über das Buch:
Die Fortsetzung von „Gut gegen Nordwind“
Erstens: Sie kennen Emmi Rothner und Leo Leike? Dann haben Sie also „Gut gegen Nordwind“ gelesen, jene ungewöhnliche Liebesgeschichte, in der sich zwei Menschen, die einander nie gesehen haben, per E-Mail rettungslos verlieben. Zweitens: Für Sie ist die Geschichte von Emmi und Leo und ihrer unerfüllten Liebe abgeschlossen. Mag sein. Aber nicht für Emmi und Leo! Drittens: Sie sind der Ansicht, dass die Liebenden zumindest eine einzige wirkliche Begegnung verdient hätten und der Roman eine zweite Chance auf ein anderes Ende? Bitte, hier haben Sie’s! Viertens: Sie haben keine Ahnung, wovon hier die Rede ist? Kein Problem. In diesem Buch erfahren Sie alles: von Leos Rückkehr aus Boston, von Emmis Eheproblemen und von der siebenten Welle, die immer für Überraschungen gut ist.
Rezension:
1.) Was du mir bedeutest, bedeutet mir mindestens so viel wie das, was ich dir bedeute.
2.) Gerade weil du mir so viel bedeutest, bedeutet es mir viel, dass auch ich dir möglichst viel bedeute.
3.) Hättest du mir nicht so viel bedeutet, wäre es mir egal gewesen, wie viel ich dir bedeute.
4.) Da es mir aber keineswegs egal ist, bedeutet dies, dass du mir so viel bedeutest, dass es mir nicht egal sein kann, wie viel ich dir bedeute.
5.) Wüsstest du, wie viel du mir bedeutest, dann könntest du verstehen, warum ich meine Bedeutung für dich nicht verlieren will.
6.) Fazit eins: Du wusstest offenbar nicht, wie viel du mir bedeutest.
7.) Fazit zwei: Vielleicht weißt du es jetzt.
(Leo an Emmi, Seite 28)
Lange war unklar, ob es eine Fortsetzung der Emmi-Leo-Geschichte geben wird. Als feststand, dass ein Nachfolger in Arbeit ist, fing das große Warten und Hibbeln an. Inzwischen dürften die meisten Anhänger der beiden per Mail kommunizierenden Symphathisanten auch den zweiten Teil gelesen haben. Genauso sicher dürften sich auch die Geister und Meinungen teilen, denn leider wird in Alle sieben Wellen all das Besondere des Vorgängers nachträglich „vermiest“. Gerade die Dinge, die den gewissen Reiz in Gut gegen Nordwind ausmachten, werden dem Leser hier im Folgeroman genommen, was schon während des Lesens einen bitteren Bei- und nach Beenden des Buches einen schalen Nachgeschmack hinterlässt. Ob hier die breite Masse der HappyEnd-Fans unterhalten werden oder schlichtweg Profit aus einer funktionierenden Geschichte geschlagen werden sollte, spielt dabei keine Rolle – selbst überzeugte Emmi- und Leo-Anhänger sind nach dem Lesen eher enttäuscht als zufrieden gestellt.
Während die zarten und liebevollen, mitunter aber auch anstrengenden und nicht immer nachvollziehbaren Mails mitsamt ihren seltsamen Betreffzeilen in Gut gegen Nordwind das Herz des Lesers erwärmen und unterhalten konnten, schaffen selbige Bestandteile der Fortsetzung eher ein unbehagliches Gefühl. Zudem haben beide Charaktere irgendwie an Charme verloren, ja, Emmi zuweilen sogar geradezu nervige Anwandlungen. Nur noch selten findet man Passagen im Mailwechsel, die wirklich zu Herzen gehen, vielmehr ist es ein ständiges Hin und Her, das eine unangenehme Mischung aus Vorwürfen und einer Verteidigungshaltung vermittelt. Vom unterhaltsamen Charme des ersten Bandes, der ersten Phase scheint nicht viel übrig geblieben zu sein, auch wenn Glattauer einige überraschende Momente und Offenbarungen einfließen lässt. Trotzdem: Die Geschichte um Emmi und Leo hat an Reiz und Zauber verloren. Woran genau das liegt, kann nicht wirklich festgemacht werden – es ist ein Gesamteindruck, der bereits auf den ersten Seiten entsteht und sich das ganze Buch über im Hinterkopf festgesetzt hat. Da kann auch das sicher von vielen Seiten erwartete, vielleicht auch gerade deshalb so unbefriedigende und langweilige HappyEnd das Ruder leider nicht mehr rumreißen.
Nach einiger Nachwirkzeit wird Alle sieben Wellen zu einem Buch, das weder hundertprozentig weiterempfohlen noch von dem wirklich abgeraten werden sollte. Man kann es lesen, muss aber nicht. Für die zauberhafte Geschichte aus Gut gegen Nordwind ist es ein nettes Ende, jedoch kein unbedingt zufriedenstellendes. Zwingend gelesen werden muss dieser zweite Band also nicht, denn Emmi und Leo haben auch ohne das zwanghafte HappyEnd wundervoll gewirkt und ihren Zweck der Unterhaltung und des Berührens vollends erfüllt. Für den nächsten Erfolgsroman dieser oder jeder anderen Art sei Herrn Glattauer definitiv von einer Fortsetzung abgeraten – manchmal macht man damit mehr kaputt als „heil“.
Fazit:
Manche Geschichten sollten vielleicht einfach nicht zu Ende gebracht werden. Insgesamt konnte die Fortsetzung von Gut gegen Nordwind nicht so sehr überzeugen wie der erste Teil um Emmi und Leo – gut möglich, dass hier einfach zu viel gewollt und erwartet wurde. Leser, die mit einem guten UnhappyEnd zufrieden sein können, sollten an Alle sieben Wellen lieber vorbeigehen und stattdessen den ersten Teil nochmals lesen – und genießen.
Wertung:
Handlung: 3/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung: 3/5
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