Bestseller (Michael Bresser)


Books on Demand, 1. Auflage Juli 2009
Paperback, 277 Seiten
EUR 14,90 (D)
ISBN 978-3-8370-5331-9

Genre: Belletristik


Klappentext:

Bestseller: Dreitausend Euro, zwei Freunde und ein skrupelloser Zuhälter …

Poetry-Slamer Horst Stengel lebt, wie er sich das Schriftstellerleben vorstellt: Sex, Drugs und Rock’n’Roll begleitet von Harzt IV und Freundin Bea finanziertem Müßiggang. Er träumt davon, Bestseller-Autor zu werden. Mit seinem aktuellen Werk „Memoiren eines Blutegels“ glaubt Horst einen Roman zu verfassen, nach dem sich die Verlage die Finger lecken. Allerdings schwindet Beas Verständnis für die künstlerischen Ambitionen ihres Freundes. Nachdem mehrere Ultimaten verstrichen sind, schmeißt sie ihn hochkantig aus der Wohnung.

Doch leuchtet Licht am Ende des Tunnels: Ein Verlag interessiert sich für Horsts Roman. Horst und sein Buddy Andi brechen nach Süddeutschland auf, um den Verlagsvertrag zu unterschreiben. Dieser hat alelrdings einen Pferdefuss: Horst muss 3.000 Euro Druckkostenzuschuss zahlen. Die Freunde touren quer durch die Republik, versuchen mit allen möglichen Mitteln das Geld aufzutreiben und machen weder vor bibeltreuen Christen, Skinheads, noch einem Ausflug ins Rotlichtmilieu Halt. Gelingt es trotz aller Widrigkeiten, Horsts Buch zu veröffentlichen?


Rezension:

Mein Name ist Horst, und Horst ist mein Karma, mein Auftrag zu leiden, den mir meine Eltern bei der Geburt aufgebürdet haben. Kann man einen Horst lieben? Kann ein Horst Erfolg haben? Auf einer Homepage haben über hundert Menschen ihre Empfindungen zum Namen Horst abgegeben. Ein Horst ist zwar männlich, dafür aber unsportlich, mittellos, unattraktiv und so intelligent wie eine Amöbe. Dankeschön. Und sämtliche Erfahrungen meiner Jugend bestätigen die Meinung dieser hundert Menschen. Hohlhorst lautete mein Spitzname in der Grundschule. Doofhorst und Pannemann auf dem Gymnasium. Einem Horst traute keiner was zu. Das merkte ich an den Zensuren. Schätzte ich mich selber im oberen Mittelfeld ein, verwiesen mich die Pauker auf die unteren Ränge. Wenn ein Christian im Deutschaufsatz schrieb »Durch Goethes Poesie weht die Weltenseele«, prangte der Kommentar »Genial erfasst.« am Kladdenrand. Schrieb ich dasselbe, fragte Pauker Schwuttke nach Fakten, bezichtigte mich der Schwafelei und fand in sechs Worten sieben Ausdrucksfehler. Dennoch wurde aus dem »genialen« Goethe-Interpreten Christian ein Bademeister und aus mir ein Schriftsteller.
(aus dem Beginn des Buches, Seite 7)

Horst träumt, wie viele oder die meisten, wenn nicht sogar alle Hobbyautoren, vom großen Durchbruch auf dem Buchmarkt. Dass seine bisherigen Geschichten immer im Sande verliefen, weil er nie wirklich Lust auf eine Fortsetzung der Ideen hatte, ist vergessen, als ihm die Idee für seinen aktuellen Roman kommt – mit „Memoiren eines Blutegels“ wird er einen internationalen Hit landen, davon ist er felsenfest überzeugt. Er stürzt sich in die Arbeit, tippt hoffnungsvoll Wort für Wort, vergisst Zeit und Raum – und wird schließlich auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, als seine bessere Hälfte Bea ihn vor die Tür setzt. Sie hat genug von seinen fadenscheinigen Träumen, ein großer und erfolgreicher Autor zu werden, genug von seinen Ausreden, wenn der Müll wieder einmal zu leben beginnt, genug von ihrer Aufgabe, ihn durchzufüttern.

So steht Horst erstmal da, mit fast nichts in der Hand außer seinem halbgaren Roman. Man muss ihm hoch anrechnen, dass er sich davon nicht verunsichern lässt, sondern nach vorn schaut und weiter am Buch arbeitet. Manch anderer würde durch einen Rausschmiss, eine Trennung wahrscheinlich völlig aus der Bahn geworfen werden und in ein Kreativ-Loch fallen. Nicht so Horst, er kneift die Backen zusammen und arbeitet für seinen Traum – immer auf Kosten des Staates und der Steuerzahler, aber mit dem Ziel vor Augen, es der Welt irgendwann in Form eines großartigen Buches zurückzahlen zu können. Und sein Ehrgeiz macht sich bezahlt: Nach einem großen Rundumschlag, bei dem er unzähligen Verlagen sein Manuskript geschickt hat, bekommt er Rückmeldung. Ein Verlag möchte sein Buch veröffentlichen! Dass bis zum fertigen Buch allerdings noch viele kleine Schritte kommen und viele verschieden große Hindernisse auftauchen, damit hat Horst ganz und gar nicht gerechnet …

Teilweise sehr blauäugig und naiv, aber auch mit Tatendrang und Übermut tritt Horst dem Abenteuer „Romanveröffentlichung“ entgegen. Er scheut keine Kosten und Mühen, um (sich und der Welt) zu beweisen, dass er es schaffen kann, dass er es schaffen wird. Unterstützung erfährt er hier vor allem durch seinen Freund Andi und Poetry-Slam-Kollegin Antje, die beide etwas unkonventionell, aber überaus erfrischend sind. Die Naivität, mit der Horst teilweise an sein Projekt geht, ist erschreckend, vor allem da angehende Möchtegernschriftsteller sicher mit dem gleichen Elan und der gleichen Hoffnung an ihrem Traum arbeiten. Doch was tun, wenn der Traum zerplatzt wie eine Seifenblase an einem Kaktus?

Bestseller zeigt die Tücken, die das Schriftstellerleben – vor bzw. bis zum großen Durchbruch – mit sich bringen kann, wenn man ein Horst ist und das Glück nicht gepachtet hat, sondern eher vom Pech (oder von Murphy) verfolgt wird. Man kann das Buch aber auch als Liebeserklärung für die Stadt Hannover ansehen, die den Hauptort des Geschehens darstellt und als gar nicht so schlimm beschrieben wird. Man merkt dem Autor an, dass er die Stadt mag und dass er seine ganz eigenen Erfahrungen in der Buchbranche sammeln durfte.

Alles in allem ist Bestseller ein unterhaltsamer Zeitvertreib, der zwingend ein besseres Lektorat benötigt. Unzählige Fehler erschweren das Lesen sehr stark und schmälern die Lust aufs Weiterlesen um ein Vielfaches. Bei einer Neuauflage des Titels sollte dringen darauf geachtet werden, wenigstens die gröbsten Zeichensetzungs- und unterlaufene Flüchtigkeitsfehler auszumerzen.


Fazit:

Horst Stengels Weg zum vermeintlichen Ruhm ist sicherlich nicht der Stoff, aus dem Bestseller geschrieben werden. Mit Schmunzelmomenten und einigen Passagen, in denen man sich als Leser und vor allem als begeisterter Schreiberling wiederfinden kann, legt Michael Bresser allerdings ein unterhaltsames Buch vor, nach dem man vielleicht ein wenig anders über das verrufene Hannover denkt.


Wertung:

Handlung: 3/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 2,5/5


Interview mit Michael Bresser (10.03.2011)
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