Blood and Chocolate (Annette Curtis Klause)

Blood and Chocolate (Annette Curtis Klause)

Klappentext:

Kannst Du mich lieben, so wie ich bin?

Nur bei Mondschein fühlt sich die sechzehnjährige Vivian ganz in ihrem Element. Dann verwandelt sich das schöne und leidenschaftliche Mädchen in einen Wolf und streift gemeinsam mit ihrem Rudel durch die Wälder Marylands. Doch seit dem Tod ihres Vaters ist das Rudel ohne Anführer, und fünf junge Männer, rau und unberechenbar, kämpfen um ihr Herz. Als Vivian sich eines Tages in Aiden, einen Menschen, verliebt, muss sie eine schicksalhafte Entscheidung treffen …


Rezension:

Sie war ein Wesen, das viel größer und stärker als ein natürlicher Wolf war. Ihre Zehen und Beine waren zu lang, ihre Ohren zu groß, und in ihren Augen loderte Feuer. Wolf war lediglich ein parktischer Begriff, dessen sie sich bedienten. Leute, die mehr auf Wissenschaft als auf Mythen gaben. behaupteten, sie stammten von etwas Älterem ab – einem frühen Säugetier, das unstete Materie in sich aufgenommen hatte, die durch einen Meteoriten auf die Erde gelangt war.
(Seite 49)

Vivian war schon immer anders als andere Mädchen – wilder, schöner, unbändiger – doch niemand an, wie anders Viv wirklich ist. Für ihre Mitschüler ist sie einfach nur ein Freak, der sich abkapselt, denn statt mit Schulkameraden abzuhängen, streift sie lieber allein durch die Nacht. Seit ihr Vater vor knapp einem Jahr bei einem schweren Brand ums Leben kam und die gesamte Familie umziehen musste, kommen ihr immer wieder Zweifel an ihrem wahren Wesen und dem ihres Rudels. Die Gruppe aus fünf Jungs, genannt die Fünf, mit der sie früher immer rumhing und mit dessen Oberhaupt sie lange zusammen war, langweilt sie inzwischen nur noch. Insgeheim gibt sie ihnen außerdem die Schuld an dem Brand und somit am Tod ihres Vaters. Auch ihre Mutter kann nur noch schwer zu Vivian durchdringen, was allerdings auch daran liegt, dass diese sehr damit beschäftigt ist, sich ein neues Männchen zu suchen.

In der Schülerzeitung entdeckt Vivian neben einem ihrer Bilder, die öfter dort abgedruckt werden, das Gedicht eines ihr bis dahin unbekannten Jungen. Ein Gedicht über die Schönheit der Verwandlung zu einem Wolf, das perfekt zu ihrer nebenstehenden Zeichnung passt. Vivian ist fasziniert von den Worten und der zärtlichen Begeisterung, die in ihnen mitschwingt, und wird mit jeder Zeile neugieriger auf den Jungen Aiden, der sie verfasst hat. Die beiden lernen sich kennen und verlieben sich ineinander, setzen sich gegen ihre Eltern und deren Unverständnis für diese Beziehung zur Wehr, Vivian wird Teil des Freundeskreises um Aiden und fühlt sich zum ersten Mal seit dem Tod ihres Vaters wieder vollständig und glücklich. Doch dieses Glück ist nicht von Dauer, denn in Viv schlummert das Verlange, Aiden die ganze Wahrheit über sich zu erzählen. Und dann ist da noch das Rudel, das einen neuen Anführer braucht, den es nur auf eine Weise zu bestimmen gilt …

Nahezu erfrischende Abwechslung in dem ganzen Einheitsbrei von phantastischen Liebesgeschichten setzt Annette Curtis Klause in ihrem Debüt Blood and Chocolate dem Leser vor die Nase: Ein Mädchen, das sich in einen Wolf verwandeln kann, und ein sterblicher Junge. Obwohl die Geschichte sonst nicht viel Neues hergibt, ist es schön zu sehen, dass sich eine Autorin mal etwas leicht anderes traut – in diesem Buch ist nicht das Mädchen der schwache und zerbrechliche Charakter, sondern stark und schön. Auch Aiden ist gemäß den Beschreibungen sehr gutaussehend, doch das dürfte für niemanden, der sich schon mal mit Fantasy-Literatur dieser Art befasst hat, ebenfalls nichts Neues sein, denn trotz der vertauschten Rollen bleiben die beiden Protagonisten recht stereotyp.
Allerdings wurden die anderen Charaktere sehr interessant dargestellt. So ist zum Beispiel die Gruppe der Fünf ein zusammengewürfelter Haufen aus männlichen Teenagern, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Trotzdem besteht zwischen ihnen ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl, das über das „Muss“ des Rudels hinausgeht. Entgegen dem im Klappentext Angedeuteten kämpfen die Fünf auch nicht um die Gunst Vivians, sie verbindet eher freundschaftliche Aufpassergefühle als leidenschaftliche Emotionen, wenn man auch nicht abstreiten kann, dass der tierische Fortpflanzungstrieb hin und wieder durchscheint. Die vielen anderen Rudelmitglieder verwirren mitunter, da auf die Hauptpersonen ausführlich eingegangen wird, aber die Zusammenhänge innerhalb des Wolfsrudels nicht entzerrt werden. Bei einigen angedeuteten Charakteren ist das schade, denn die kurzen Nebenrollen blitzen zumindest teilweise wie kleine Lichter auf und würden die Geschichte sicher bereichern, würden sie mehr einbezogen.

Etwas übertrieben hat die Autorin jedoch mit dem ständigen Hinweisen auf das überaus gute Aussehen von Vivian. Immer wieder wird in Nebensätzen erwähnt, wie hübsch und sexy das Mädchen ist. Auch Viv selbst findet immer wieder Wege, den Leser auf diese Tatsache hinzuweisen, sodass es irgendwann eher lästig wird, hier hätte man sich einiges (er)sparen können. Sprachlich bewegt sich Annette Curtis Klause auf einem für den Jugendbereich passenden Niveau, auch Wenigleser werden hier ihren Spaß mit dem Buch haben, während an Viel- und Schnelllesern die Seiten wahrscheinlich nur so dahinfliegen werden. Es wäre jedoch interessant zu erfahren, ob die Autorin auch auf einem höheren Sprachniveau schreiben kann, vor allem da stellenweise die Andeutung auf mehr durchblitzt. Durch das in sich abgeschlossene Ende kann mit Leichtigkeit als insgesamt offen angesehen werden, wodurch die Hoffnung aufkeimt, vielleicht noch weitere Bücher der Autorin in die Hände zu bekommen.

Für Jugendliche schafft Annette Curtis Klause einen angenehm und leicht zu lesenden Fantasy-Roman, der ein wenig von der Norm abweicht und in einem wunderschönen Outfit daher kommt. Das auf dem Cover dargestellte Mädchen kann schnell als Vivian identifiziert werden, und die extrem hervorstechenden Augen geben dem Leser das Gefühl, bis ins Innerste durchschaut worden zu sein. Das stabile Hardcover erlaubt einen häufigeren Transport im Rucksack, ohne Schäden davon zu tragen, und die verhältnismäßig große Schrift lässt das Lesen schneller vorbeigehen, als es die Dicke des Buches scheinen lässt. Die einfachen, aber hübschen und sinnentsprechenden Zeichnungen von kahlen Bäumen auf den inneren Klappenseiten und zwischen den fünf Überkapiteln laden zum kurzen Verweilen und Träumen ein.


Fazit:

Annette Curtis Klause bietet mit ihrem Debüt Blood and Chocolate definitiv Abwechslung in der Fantasy-Welt. Für hoffentlich folgende Bücher sollte sie sich das „Weniger ist mehr“-Motto zu Herzen nehmen und an der Vielfalt ihrer Redewendungen arbeiten, um das Lesen nicht nur thematisch, sondern auch sprachlich interessanter zu gestalten.



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