Das Schicksal ist ein mieser Verräter (John Green)

Hanser Verlag, 1. Auflage Juli 2012
Originaltitel: The Fault In Our Stars
Aus dem Englischen von Sophie Zeitz
HC mit SU, 288 Seiten
16,90 € (D) | 17,40 € (A) | 23,90 sFR (CH)
ISBN 978-3-446-24009-4
Leseprobe

Genre: Jugendbelletristik


Über das Buch:

“Krebsbücher sind doof“, sagt die 16-jährige Hazel, die selbst Krebs hat. Sie will auf gar keinen Fall bemitleidet werden und kann mit Selbsthilfegruppen nichts anfangen. Bis sie in einer Gruppe auf den intelligenten, gut aussehenden und umwerfend schlagfertigen Gus trifft. Der geht offensiv mit seiner Krankheit um. Hazel und Gus diskutieren Bücher, hören Musik, sehen Filme und verlieben sich ineinander – trotz ihrer Handicaps und Unerfahrenheit. Gus macht Hazels großen Traum wahr: Gemeinsam fliegen sie nach Amsterdam, um dort Peter Van Houten zu treffen, den Autor von Hazels absolutem Lieblingsbuch. Ein tiefgründiges, emotionales und zugleich freches Jugendbuch über Krankheit, Liebe und Tod.


Rezension:

Der Grund, aus dem ich zur Selbsthilfegruppe ging, war derselbe, aus dem ich Krankenschwestern mit einer gerade mal achtzehn Monate langen Ausbildung erlaubte, mich mit Medikamenten mit exotischen Namen zu vergiften: Ich wollte meine Eltern glücklich machen. Denn es gibt nur eins auf der Welt, das ätzender ist, als mit sechzehn an Krebs zu sterben, und das ist, ein Kind zu haben, das an Krebs stirbt.
(Seite 13)

Hazel Grace ist mit ihren sechzehn Jahren schon ein paar Jahre älter, als die Ärzte ihren Eltern nach der Erstdiagnose prophezeit haben. Sie hat sich mit ihrem Schicksal abgefunden und steht jeden Tag mit dem Wissen auf, dass es ihr letzter sein könnte. Ein Sauerstoffgerät ist dabei ihr ständiger Begleiter, da ihre Lunge nicht mehr selbstständig in der Lage ist, Hazels Körper mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen. Ihren Eltern zuliebe lässt sie sich jedoch nicht hängen, sondern geht sogar regelmäßig zu einer Selbsthilfegruppe, von der sie aber eigentlich nur genervt ist – der Gruppenleiter erzählt bei jedem Treffen die gleiche tragische, zugleich aber auch hoffnungsvolle Geschichte seiner eigenen Erkrankung und Heilung. Einzig Isaac, der an seltenem Augenkrebs leidet, schenkt ihr in dieser Gruppe Lichtblicke, denn mit ihm versteht sie sich quasi blind und die beiden kommunizieren über von den anderen unbemerkte Seufzer. Eines Tages wird Isaac von seinem besten Freund Augustus, der selbst auch ein quasi geheiltes Krebskind ist, zur Selbsthilfegruppe begleitet und Hazel ahnt am Beginn dieser Begegnung noch nicht, dass Gus ihr Leben nachhaltig verändern wird.
Die beiden lernen sich besser kennen, doch während Augustus recht schnell deutlich macht, welche Absichten er hat, ist Hazel sehr vorsichtig im Umgang mit ihm und beruft sich lange auf eine freundschaftliche Beziehung. Daran ist unter anderem auch Gus‘ Vorgeschichte schuld, denn Hazel denkt bei ihrer Krankheit in erster Linie nicht an ihren eigenen Tod, sondern mehr an die Menschen, in deren Leben sie ein Loch hinterlassen wird, wenn es irgendwann so weit ist. Aber Gus lässt nicht locker, sie kommen sich näher und schließlich erfüllt er Hazel einen Herzenswunsch: Gemeinsam mit Hazels Mutter fliegen sie nach Amsterdam, wo sie schließlich Peter Van Houten mit ihren Fragen zu seinem einzigen Buch “Ein herrschaftliches Leiden“ löchern kann. Doch die Reise hält noch mehr Überraschungen für Hazel bereit, und bei ihrer Rückkehr in die Heimat wird nichts mehr wie vorher sein.

“Ich liebe dich“, sagte er leise.
“Augustus“, sagte ich.
“Es stimmt“, sagte er. Er starrte mich an, und ich sah, wie sich die Winkel seiner Augen kräuselten. “Ich liebe dich und es gehört nicht zu meiner Geschäftspolitik, mir einfache Freuden wie das Aussprechen von Wahrheiten zu versagen. Ich liebe dich, und ich weiß, dass Liebe nichts als ein Ruf in die Wüste ist und dass das Vergessen unvermeidbar ist und dass wir alle Verdammte sind und dass ein Tag kommt, wenn all unsere Werke zu Staub zerfallen, eine Zeit, wenn sich niemand daran erinnert, dass es einst Kreaturen gab, die in selbst gebauten Kreaturen gab, und ich weiß, dass die Sonne die einzige Erde, die wir je haben, irgendwann verschlucken wird, und ich liebe dich.“
(Seite 142)

In seiner Heimat ist John Green seit Jahren ein gefeierter Bestseller-Autor im Jugendliteraturgenre, und spätestens mit Das Schicksal ist ein mieser Verräter dürfte die Begeisterung auch in andere Länder geschwappt sein. Nur selten findet man ein Buch, das ein derart ernstes Thema auf eine so liebevolle und zauberhafte Weise anzufassen und umzusetzen weiß. Die Charaktere spielen ihre Rollen auf eine so authentische Art, dass man sich fast wie ein Bestandteil des kleinen Kosmos fühlt. Und nicht nur die Protagonisten wissen zu überzeugen, Green schafft es auch, die Nebencharaktere durch kleinste Auftritte zum Strahlen und damit auch in die Herzen seiner Leser zu bringen. Nur einen winzigen Moment bekommt so zum Beispiel der kleine Bruder von Isaac, Graham, seine Chance auf literarische Berühmtheit und die nutzt er in vollen Zügen – ein herzliches und nachhaltiges Lachen schüttelt den Leser einmal kräftig durch, bevor er sich wieder der Ernsthaftigkeit des Romans bewusst wird.
Viele solcher Momente gibt es in diesem ganz besonderen Krebsbuch, das auch durch das herzliche Miteinander der Hauptpersonen begeistern kann, zu entdecken und zu erleben. Behutsam, sehr zart und doch überzeugend weckt es im Leser den Wunsch nach einer ebensolchen, von Grund auf ehrlichen Beziehung zu einem anderen Menschen, in der auch Angst und Schwäche ihren festen Platz haben dürfen. Der vorsichtige, aber auch freche Umgang miteinander macht Hazel und Gus unheimlich sympathisch, sodass das Lesen ganz schnell geht und nach Beenden der letzten Seite irgendwie eine Leere zurückbleibt. Es gibt sehr laute und unfassbar leise Momente, man lacht und weint und manchmal auch beides gleichzeitig, und am Ende wird man noch einmal völlig überrascht.

“Du hast mir mit deinen gezählten Tagen eine Ewigkeit geschenkt und dafür bin ich dankbar.“
(Seite 238)

Wenn John Green mit diesem Titel der Sprung in internationale Bestsellerlisten und Leserherzen nicht gelungen ist, dann muss man sich die Frage stellen, was ein Buch noch alles liefern muss, um das zu schaffen. Eine uneingeschränkte Leseempfehlung für Jung und Alt, für gesunde und kranke Menschen, für Hoffnungssuchende und Hoffnungsträger, und vor allem für Menschen, die noch an das Leben und die Liebe glauben möchten.


Fazit:

Ein Krebsbuch, das sich nicht am schlimmen Schicksal „aufgeilt“ und dieses bis ins letzte traurige Detail ausschlachtet, sondern gekonnt mit der trotzdem vorhandenen Schönheit des Lebens spielt. John Green schenkt mit Das Schicksal ist ein mieser Verräter viele tränenreiche Momente, sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht, und beweist, dass das Leben trotz allem immer l(i)ebenswert bleibt.


Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 5/5
Umgang mit der Thematik: 5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 5/5


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