Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen (Jeanne Ryan)
Klappentext:
Ein atemloser Thriller um ein Onlinespiel, das eskaliert
Eigentlich will Vee gar nicht mitspielen bei diesem neuen Online-Spiel, bei dem man ständig neue peinliche »Challenges« bekommt, die sofort ins Netz gestellt werden. Aber um einen Jungen auf sich aufmerksam zu machen, der ihr gefällt, wagt sie es dann doch. Zumal Preise locken, denen sie nicht widerstehen kann, wie zum Beispiel die Schuhe ihrer Träume. Noch dazu sieht Ian, der ihr als Spielpartner an die Seite gestellt wird, wirklich gut aus. Erst macht es Spaß. Aber dann werden die Challenges heikler und heikler, und die Fans treiben Vee dazu, immer mehr zu riskieren. Schließlich werden Vee und Ian zusammen mit fünf anderen Spielern an einen geheimen Ort gebracht, wo die letzte Runde stattfindet. Es geht um alles oder nichts und auf einmal steht ihr Leben auf dem Spiel …
Rezension:
Vee gehört zu den klassischen Mauerblümchen. Obwohl ihre beste Freundin Sydney zu den beliebtesten Mädchen gehört, bleibt Vee irgendwie immer im Hintergrund. Was ihr bislang nicht besonders viel ausmacht, da sie sich dort eigentlich ganz wohl fühlt. In der Theater-AG ist sie zuständig für die Kostüme und das MakeUp der Schauspieler, käme jedoch nie auf die Idee, ihre Tricks auch mal an sich selbst anzuwenden. Vor einiger Zeit gab es einen missverständlichen Vorfall, seit welchem Vee von ihren Eltern mehr als behütet wird, was auch eine Ausgangssperre mit sich zieht. Dadurch ist es ihr nicht möglich, nach den Aufführungen noch mit den anderen um die Häuser zu ziehen, doch sie wartet sehnsüchtig auf den Abend der letzten Vorstellung, der gleichzeitig das Ende ihres Hausarrestes bedeutet, und hofft darauf, dass an diesem Abend auch endlich etwas mit ihrem Schwarm passiert. Doch irgendwas ist anders während dieser letzten Vorstellung. Sie streitet sich mit Syd, nachdem Vee diese mit ihrem Schwarm knutschend erwischt hat und Syd ihr vorgeworfen hat, langweilig zu sein. Kurzerhand beschließt Vee, dieser Tatsache ein Ende zu setzen – und entgegen aller Annahmen an diesem neuen Online-Spiel teilzunehmen, das derzeit alle so begeistert. Nicht nur um den anderen, sondern auch sich selbst zu beweisen, dass sie nicht nur die langweilige Schattentänzerin von Syd ist. Niemand ahnt, in welche Gefahr sie sich und ihr Leben damit bringt – und ist dieser scharfe Mitspieler Ian es wert, dass sie alles aufs Spiel setzt?
In Zeiten von Facebook, Twitter, Instagram und anderen Social-Media-Plattformen teilt man schnell mal unbewusst seine Vorlieben und Geschmäcker und diverse Konsumwünsche. In ihrem Jugend-Thriller Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen greift Jeanne Ryan genau dieses Thema auf und verbindet es mit einem Online-Spiel, das genau auf derartige Daten zugreift und die Spieler anhand dieser Informationen mit Gewinnen lockt. An sich ist das eine sehr spannende und zeitgemäße Idee, aus der man sicherlich einen tollen, anregenden Roman entwickeln könnte. Leider hat sich die Autorin dafür entschieden, durch ihre Protagonisten eher ein Highschool-Drama zu schaffen. Denn die Charaktere bleiben durchweg eher blass und können keine Verbindung zum Leser aufbauen. Vee ist nicht nur ein schüchternes Mauerblümchen in Schatten ihrer besten Freundin Syd, sondern dazu auch ziemlich naiv und konsumorientiert. Zu keinem Zeitpunkt verspürt der Leser auch nur ansatzweise Sympathien ihr gegenüber. Syd dagegen ist das klischeebesetzte Miststück schlechthin. Sie ist attraktiv, talentiert, der Star des Theaters und eingebildet wie nichts Gutes. Dabei ist sie leider auch ziemlich gewieft, diese Mischung ist die Schlimmste. Obwohl sie weiß, wie es um das Gefühlsleben ihrer besten Freundin steht, schmeißt sie sich ohne Hemmungen an den Hals von Vees Schwarm. Der im Übrigen genau das Bild eines zwar hübschen, aber auch hochnäsigen und dummen Highschool-Schnösels liefert. Bliebe noch Ian, der Kerl, mit dem Vee künftig ihre Challenges erfüllen muss. Er ist natürlich so gutaussehend und nett und hinreißend, dass Vee ihre bisherigen Gefühle komplett über Bord schmeißt und bis ans Ende der Welt gehen würde, solange nur Ian an ihrer Seite ist.
Die Challenges sind im Grunde das einzige an Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen, das den Leser zwischendurch ein wenig zu unterhalten weiß. Da hat sich Jeanne Ryan teilweise wirklich was Tolles einfallen lassen, auch wenn sie hier ebenfalls viel mit der Naivität ihrer jungen Protagonisten spielt. Im Vordergrund steht leider immer die Konsumgeilheit ihrer Charaktere, wobei Ians Beweggründe ihn fast schon wieder sympathisch machen. Den Höhepunkt erreicht die Story allerdings tatsächlich erst, als Vee und Ian in die Finalrunde einziehen und dort auf fünf weitere Spieler treffen – die jeder Leser selbst kennenlernen sollte. Was der Geschichte bis zu diesem Zeitpunkt an Spannung gefehlt hat, soll hier schlagartig wieder aufgeholt und ausgeglichen werden. Der Ansatz ist sicherlich gut, nur leider ist das ganze Konzept derartig überladen und konstruiert, dass man sich als Leser mehr durch die Seiten quält als dass man sie tatsächlich genießt. Und am Ende bleibt man schließlich mit einem Fragezeichen über dem Kopf zurück und fragt sich, ob man jetzt wirklich einen Thriller gelesen hat oder doch eher ein bunt zusammengewürfeltes Ideenportfolio, in dem von allem etwas enthalten ist.
Fazit:
Jeanne Ryan hat ein Händchen dafür, die oftmals unterschätzten Auswirkungen des Online-Lebens authentisch und verständlich darzustellen. In Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen geht sie sogar noch einen Schritt weiter und zeigt auf, wie leicht es ist, an vermeintlich private Daten zu kommen. Leider macht ihre Charaktergestaltung die Grundidee zu einem klischeebehafteten Highschool-Drama, von dem der Leser eher genervt als unterhalten wird. Sicherlich ein brandaktuelles Thema, das hier leider von unsympathischen Charakteren zu einem eher durchschnittlichen Leseerlebnis gemacht wird.
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