Drei Songs später (Lola Renn)

Drei Songs später (Lola Renn)

Über das Buch:

Die sechzehnjährige Zeta hat die Nase von der Schule voll. Sie will Tänzerin werden – und sonst nichts. Wenn ihr Vater nicht auf einem Mathe-Abi bestehen würde, könnte das auch klappen. Aber wie redet man vernünftig mit Eltern, die ständig betrunken sind und bei jedem Gespräch ausrasten? Manchmal gehen Träume in Erfüllung. Aber nicht von selbst. Zeta weiß, dass sie dafür viel auf sich nehmen muss …


Rezension:

Zeta fühlt sich, als sei sie in ein falsches Leben hinein geboren. Seit sie klein war, träumt die heute Sechzehnjährige davon, einmal professionelle Tänzerin zu werden. Sie nimmt fleißig Tanzstunden und würde am liebsten auf eine Tanzschule wechseln. Doch für ihre Eltern kommt diese Lebensplanung auf keinen Fall in Frage. Sie bestehen darauf, dass Zeta an einem normalen Gymnasium ihr Abitur in Mathe macht, obwohl Mathe ihr trotz Nachhilfe überhaupt nicht liegt und sie mehr als unglücklich ist – was sich unter anderem durch ständiges Nasenbluten äußert. Das Problem dabei ist jedoch nicht Zetas mangelndes Durchsetzungsvermögen oder ihre Blauäugigkeit, denn sie weiß sehr genau, dass ihre Chancen in diesem Alter eher schlecht sind. An ihrem Traum ändert das jedoch nichts, vielmehr legen ihr ihre Eltern immer wieder Steine in den Weg. Der Vater ist ständig betrunken und fährt schnell aus der Haut, die Mutter schafft es kaum, den Mund aufzumachen, geschweige denn sich einmal für ihre Tochter und deren Traum einzusetzen. Vom Zuhören verstehen beide Elternteile rein gar nichts. Da hilft auch die Unterstützung ihrer besten Freundin Sarah und deren Mutter, die direkt in der Wohnung über Zeta leben, und ihre junge Liebe zu Micha nicht. Als Zeta wieder einmal in der Schule Nasenbluten bekommt, das einfach nicht aufhören will, greift ihr Lehrer Herr Biesing endlich ein und versucht auf seine Weise, Zetas Eltern die Augen zu öffnen. Doch die scheinen völlig beratungsresistent zu sein und wollen auch auf die Lehrkraft nicht hören, sodass Zeta schließlich zu drastischen Mitteln greift, um endlich auszubrechen und ihrem Traum ein Stück näher zu kommen …

Der Traum vom Tanzen – wahrscheinlich hat jede Frau ihn irgendwann als kleines Mädchen mal geträumt. Doch nicht alle haben das Glück, dass die Eltern diesen Traum unterstützen. Die Flucht in aussagekräftige Musik aus dem manchmal alptraumhaften Leben ist für viele Menschen in jedem Alter ein Mittel, das Leben schöner zu gestalten. Lola Renn schafft es, in ihrem Debüt Drei Songs später ein schwieriges, aber leider immer wieder aktuelles Thema zur Sprache zu bringen, ohne dass man sich die ganze Zeit runtergezogen oder negativ berührt fühlt. Unverständnis, Desinteresse und Alkoholismus ist in der Familie der Protagonistin an der Tagesordnung und der Leser bekommt –ob selbst betroffen oder nicht – ein gutes Gefühl für Zetas Misere. Aber es wird auch gezeigt, dass man niemals im Leben wirklich alleine ist, sondern dass da immer Menschen sind, die zu einem halten, unterstützend zur Seite stehen und sich im Zweifelsfall auch unglaublich für jemanden einsetzen. Dezentes Einfließenlassen von Musikstücken lockert die Geschichte angenehm auf, ohne dabei zu sehr vom Hauptthema abzulenken. Und das hat die Autorin sehr geschickt umgesetzt – es ist eine Botschaft, die Menschen um sich herum ein wenig genauer zu betrachten und mit einem offenen Bewusstsein durch die Straßen zu laufen. Es ist der Autorin gut gelungen, hier ein gesundes Gleichgewicht aus Gutem und Schlechtem zu schaffen und den Leser so auf eine ruhige, eher im Verborgenen liegende Weise in den Bann zu ziehen.

Um die inhaltlich schwere Story nicht zu heftig zu gestalten, hat sich Lola Renn eine interessante Gestaltung ausgedacht – der Großteil des Buches wird über Dialoge bestritten, sodass man als Leser manchmal das Gefühl hat, direkt dabei zu sitzen und jederzeit in die Situation eingreifen zu können. Dass die Gespräche selbst nicht unbedingt den hohen Unterhaltungswert haben, liegt wohl am Thema, und auch wirklich anspruchsvollen Schlagabtausch sucht man hier vergebens – zum einen ist dies sicherlich der Zielgruppe geschuldet, zum anderen verdeutlicht die Einfachheit aber auch das Problem von desinteressierten Eltern. Trotzdem finden sich in Drei Songs später auch ein paar wunderbare Wortspiele und Satzschätze, sodass auch Sprachliebhaber hier durchaus auf ihre Kosten kommen können.

Lola Renn ist es an dieser Stelle gut gelungen, den schweren Stoff durch angemessene Sprache an den Leser zu bringen und ihn weder zu überfordern noch zu langweilen. Die Geschichte wirkt nach und kann durch vielerlei Punkte zum Nachdenken und bewussteren Wahrnehmen anregen. Ein Buch, das als Stand-Alone bestehen kann, aber auch Lust macht, Zetas Weg weiter zu verfolgen. Vielleicht gibt es irgendwann eine Fortsetzung? Dass man von dieser Autorin noch mehr lesen wird, steht außer Frage – lediglich das Wann bleibt offen.


Fazit:

Wer zu Drei Songs später greift, erwartet sicher etwas anderes als das, was Lola Renn dem Leser bietet. Ein brisantes Thema wird hier angesprochen und zu einer recht kurzen, aber dafür umso heftiger ausgearbeiteten Geschichte verarbeitet. Neben der Botschaft, niemals seine Träume loszulassen, flechtet die Autorin auch wunderbare Musikstücke in die Story ein, sodass das Debüt im Grunde eine nachdenklich stimmende Liebeserklärung an das Leben ist, das trotz aller Schwierigkeiten lebenswert ist und man immer Menschen findet, die unterstützend hinter einem stehen. Ein wunderbares Buch für Jugendliche, die noch nicht so genau wissen, wohin ihr Weg führen soll, und Erwachsene, die sich gerne an diese harten, rückblickend aber auch schönen Zeiten erinnern wollen.



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