Lea und das Labyrinth der Zeit (Michael Engler)
Klappentext:
Zeitreisen, zarte Gefühle und eine dunkle Bedrohung
Sommerferien auf dem Bauernhof in einem verschlafenen Kaff – für die 14-jährige Lea klingt das ungefähr so spannend wie Fußpilz und Herpes zusammen. Doch als sie eines Abends in der Dämmerung einen fremden Jungen beobachtet, der heimlich durch den Garten schleicht, nimmt ihr vermeintlich öder Sommer eine drastische Wendung: Der 16-jährige Moritz ist ein Zeitreisender! Und als wäre das nicht schon unglaublich genug, warnt er vor einer dunklen Macht, die die gesamte Menschheit auszulöschen droht …
Rezension:
Statt mit ihrer besten Freundin zur großen Eröffnungsparty des neuen Jugendhauses zu gehen und die Tage faul im Strandbad zu liegen, muss Lea die ersten zwei Wochen ihrer Sommerferien bei ihrer Tante und ihrem Onkel verbringen – mitten im Nirgendwo, umgeben von Wiesen und Wäldern. Lea hat deshalb richtig schlechte Laune, und als sie dann auch noch von Regen begrüßt wird, würde sie am liebsten auf der Stelle umdrehen. Etwas spannende Abwechslung bringen ein paar Wölfe, die wohl ziemlichen Ärger machen, und dann ist da noch dieser Junge im Lendenschurz, der durch die Gegend schleicht. Lea ist festentschlossen, das Beste aus ihrem Kaff-Aufenthalt zu machen und das Rätsel um die Wölfe, den Jungen, die ekelhaften Fliegen, das andauernde schlechte Wetter und die verrücktspielenden Uhren zu lösen.
Zumindest in unseren Köpfen nehmen wir als Gegenwart nur drei Sekunden wahr. Und das offenbar noch nicht mal in einem Rutsch. Nein, unser Gehirn registriert nur kleine Pakete von Millisekunden Länge und baut uns daraus eine Gegenwart wie einen Film.
(Seite 249)
Ein detailreiches, ansprechendes Cover und ein überaus spannend klingender Klappentext – zumindest von außen betrachtet bringt Lea und das Labyrinth der Zeit alles mit, was ein unterhaltsames Jugendbuch ausmacht. Der Einstieg in die Geschichte fällt leicht, obwohl Lea keine besonders sympathische Protagonistin ist und sich eigentlich nur über alles beschwert. Die als liebevoll und innig dargestellte Beziehung zur Schwester ihrer Mutter tröstet allerdings vorerst darüber hinweg. Insgesamt bleiben die ersten Seiten eher ruhig, auch die irgendwann auftauchenden Wölfe und das erste Sichten von Moritz bringen keine wirkliche Spannung auf. Tatsächlich hat man eher das Gefühl, dass Leas vorgefertigte Meinung über das langweilige Dorf zwischen den Zeilen hervorquillt und sich auch auf den Leser überträgt. Das Dranbleiben ist nicht immer einfach, obwohl Michael Engler eine angenehm zu lesende Sprache verwendet und die Seiten sich eigentlich von allein umblättern. Doch der ausbleibende Nervenkitzel und dass der Klappentext eigentlich schon fast alles, was in der ersten Hälfte des Buches passiert, verrät, schmälert die Leselust dann doch um einiges. Zumal einige im Teaser genannte Dinge kaum Platz im Buch finden – oder zumindest nicht bis zum Leser transportiert werden können.
Erst auf den letzten 100 bis 120 Seiten entwickelt sich die Spannungskurve steil nach oben, um jedoch recht schnell wieder abzuflachen. Michael Engler hält sich an vielen Kleinigkeiten auf, beantwortet aber nur wenige von Leas interessanten Fragen. Ihre Überlegungen zeigen, dass das Mädchen einiges im Kopf hat, auch wenn ihre Außenwirkung eher einen anderen Eindruck hinterlässt. Insgesamt findet nur wenig Charakterentwicklung statt und auch Hintergrundinfos zu Moritz und seiner bisherigen Reise sind eher spärlich vertreten. Zwar versucht der Autor, das Geschehen durch Textnachrichten zwischen Lea und ihrer besten Freundin aufzulockern, überwiegend wirkt dies aber eher wie ein Seitenfüller und trägt nicht zur Entwicklung der Geschichte bei. Das titelgebende Labyrinth der Zeit hat ebenfalls eher eine Nebenrolle inne, hier hätte ein wenig mehr Detail sehr geholfen. Auch die im Klappentext erwähnte dunkle Macht hat eigentlich nur einen kurzen Gastauftritt – wirklich gefährlich wirkt sie dabei allerdings nicht. Mehr Anklang finden einige Nebencharaktere und Schauplätze, die aber zum Leidwesen des Lesers ebenfalls nur angerissen und nicht zufriedenstellend ausgebaut wurden.
Als Gesamtpaket betrachtet ist Lea und das Labyrinth der Zeit eine Geschichte mit viel Potential, die durchaus eine Fortsetzung bekommen könnte. Michael Engler sollte allerdings die Prioritäten seiner Erzählkraft überdenken. So bleibt Leas Abenteuer auf dem Land ein nettes Jugendbuch für zwischendurch, das keinen großen Eindruck hinterlässt und nach der Lektüre relativ schnell vergessen sein wird. Schade, aus dieser Idee hätte, an den richtigen Schrauben gedreht, viel mehr draus gemacht werden können.
Fazit:
Ein wunderschönes Cover und eine interessante Idee machen leider noch lange kein gutes Buch – Lea und das Labyrinth der Zeit bringt großes Potential mit, das Michael Engler allerdings nicht einmal im Ansatz ausgeschöpft hat. Trotz des angenehmen Schreibstils überwiegen viele offenbleibende Fragen, sehr spät einsetzende Spannung und kaum Charakterentwicklung, was den Leser nach kurzweiliger Unterhaltung eher unzufrieden zurücklässt.
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