Legend – Fallender Himmel (Marie Lu)
Über das Buch:
Eine Welt der Unterdrückung. Rachegefühle, die durch falsche Anschuldigungen genährt werden. Und Hass, dem eine grenzenlose Liebe entgegentritt. Dies ist die Geschichte von Day und June. Getrennt sind sie erbitterte Gegner, aber zusammen sind sie eine Legende!
Der unbändige Wunsch nach Rache führt June auf Days Spur. Sie, ausgebildet zum Aufspüren und Töten von Regimegegnern, erschleicht sich sein Vertrauen. Doch Day, der meistgesuchte Verbrecher der Republik, erweist sich als loyal und selbstlos – angetrieben von einem unerschütterlichen Gerechtigkeitssinn. June beginnt, die Welt durch seine Augen zu sehen. Ist Day tatsächlich der Mörder ihres Bruders? Fast zu spät erkennt June, dass sie nur eine Spielfigur in einem perfiden, verräterischen Plan ist.
„Fallender Himmel“ ist der erste Band der Legend-Trilogie.
Rezension:
June hat im großen Test die maximale Punktzahl erreicht und wird nun an einer Eliteuni ausgebildet, um später eine wichtige Position in den Regierungsreihen zu übernehmen – wie ihre Eltern und ihr Bruder auch. Day fiel seinerzeit durch diesen Test, konnte auf dem Weg ins Arbeitslager fliehen und lebt seither auf der Straße – immer darauf bedacht, gegen die Republik anzugehen. Während June also die beste Ausbildung der Republik genießt, stiehlt Day Seuchenmedikamente, um sie unter denen zu verteilen, die durch das Regierungsraster fallen. Beide wissen nichts voneinander, bis auf zwei Dinge: Dass Day der meistgesuchte Verbrecher der Republik ist und dass es ein Mädchen gibt, dass beim großen Test die maximale Punktzahl erreicht hat.
Bei einem Krankenhauseinbruch trifft Day auf Junes Bruder, der den Einsatz leidet, und kommt bei seinem Fluchtversuch nicht drum herum, Metias zu verletzen – doch als June am Tatort ankommt, ist ihr Bruder tot. Allen ist klar, dass der Dieb und Mörder nur Day sein kann, und June wird in ihrer Trauer damit beauftragt, Day zu finden und ihn festzusetzen, damit er für seine Taten bestraft werden kann. Und so entwickelt June einen Schlachtplan, der sie Stück für Stück näher an Day heran bringt – nur ahnt niemand, welche Richtung dieser Plan am Ende tatsächlich einschlagen wird.
Erfolg auf ganzer Linie – das ist es wohl, was sich die meisten Autoren wünschen. Begeisterte Leser, lobende Kritiken, tolle Verkaufszahlen. Und manchmal scheint es so einfach zu sein, nicht umsonst wirkt das Jugenddystopie-Genre derzeit wie ein Rausch auf die Leserwelt. Wohin man schaut, sieht man Dystopien, doch die Zahl derer, die wirklich begeistern und überzeugen kann, wird mit jeder Neuveröffentlichung kleiner. Auch Legend – Fallender Himmel kann diese geringe Zahl leider nicht aufwerten, obwohl die Grundzüge der Idee recht erfolgversprechend sind. Oder sein könnten, denn in so mancher Umsetzung hapert es Marie Lu an Biss und Liebe, manches wirkt fast ein wenig lieblos und gleichgültig hingekritzelt. So richtig glänzen kann die Autorin mit ihrem Debüt und Trilogie-Auftakt in keiner Hinsicht – weder die Charaktere noch die weltliche Gestaltung, weder die Sprache noch die Liebesgeschichte hat etwas, das dem Leser schon bei der Lektüre fesselt und anschließend wirklich in Erinnerung bleibt.
Wie viele Dystopien spielt auch Legend – Fallender Himmel in Amerika, um genauer zu sein Los Angeles. Man erfährt jedoch nicht viel von der Geschichte dieses Landes, das nicht mehr „united“, sondern gesplittet ist in die Republik, die Kolonien und die Patrioten. Nicht einmal ansatzweise bekommt der Leser einen Einblick in die Hintergründe dieser Splittung, auch die einzelnen Gruppierungen und sogenannten „Sektoren“ erhalten keinerlei nähere Beschreibung. Vom Rest der Welt ganz zu schweigen, als würde überhaupt nur Amerika existieren – was es auch schon in anderen Jugenddystopien gab, dort aber auch in die Geschichte einfließen konnte und damit für den Leser nachvollziehbar war.
Ebenso angerissen ist auch die Gestaltung der einzelnen Charaktere. Selbst June und Day, die in ihren Hauptrollen eine besondere Bindung zum Leser haben sollten, sind die meiste Zeit nur sehr oberflächlich wahrnehmbar. Zu keinem Moment schafft es einer der beiden, über die beginnende Sympathie hinauszukommen, gegenteilig sind sie wie alle anderen Personen ebenfalls sehr stereotyp. Der befehlshabende Commander ist ein unausstehliches Ekel, Metias’ bester Freund heimlich in June verliebt, June eine kleine verkappte Rebellin und Day der verständnisvolle Traumprinz – all das ist relativ vorhersehbar und dadurch leider mehr langweilig als besonders.
In Bezug auf die sprachlichen Fähigkeiten der Autorin lässt sich wohl sagen, dass ihre Sprache einem Jugendbuch angemessen ist. Sehr flüssig und ohne große Verschnörkelungen gehört Legend – Fallender Himmel zu den Büchern, die man schnell mal nebenbei weglesen kann – gerade die abwechselnden Sichtweisen und die kurzen Kapitel bieten einen schnellen Lesefluss. Es ist aber auch nicht besonders schlimm, wenn das Buch mal ein paar Tage liegen bleibt, denn genau diese Einfachheit im Zusammenspiel mit der ohnehin nicht besonders aufregenden, wenn auch actiongeladenen Geschichte ist es, die wieder einen faden Nachgeschmack hinterlässt. Für den Leser gibt es kaum einen Grund, sich auf das Weiterlesen zu freuen, denn es fehlen einfach zu viele Details und Feinheiten. Selbst die Liebesgeschichte bleibt oberflächlich und ist in weiten Teilen nicht authentisch, weil die Gefühle zwar nett beschrieben, aber für den Leser in ihrer Entwicklung nicht nachvollziehbar sind.
Viel Arbeit hat Marie Lu also für die beiden noch folgenden Bände vor sich, in denen sie das grundlegend vorhandene Potential hoffentlich besser nutzen kann, um auch die Zweifler auf ihre Seite zu ziehen. Denn trotz all der negativen Punkte in diesem Auftaktband stehen die Chancen recht gut, dass auch die Nachfolger ihre Abnehmer finden werden und vielleicht sogar den einen oder anderen kritisch denkenden Leser dazu gewinnen können.
Fazit:
Abgesehen von zwei gleichgestellten, ebenbürtigen Protagonisten kann die vielgelobte Jugenddystopie-Reihe Legend in ihrem Auftaktband Fallender Himmel nicht viel Neues und Besonderes liefern. Dieser einzige deutlich herausstechende Pluspunkt wird zudem von anderen Schwachstellen schnell überlagert, sodass letzten Endes leider auch der aufstrebenden Marie Lu trotz aller Bemühungen doch wieder nur ein gut lesbares, aber nicht nachhallendes Mittelmaß gelungen ist.
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