Mädchen für alles (Charlotte Roche)
Klappentext:
Ihre Ehe? Horror.
Ihr Kind? Egal.
Ihre Zukunft? Rosig.
Denn sie hat jetzt ein Mädchen für alles. Und einen ziemlich guten Plan.
Christines Leben ist perfekt. Perfekt langweilig, perfekt einsam. Es muss sich was ändern, Hilfe muss her. Die Hilfe heißt Marie und ist Christines »Mädchen für alles«: Wäsche, Kochen, Baby. Ein Traum! Marie kann nicht nur alles, sie sieht sogar noch toll aus. Findet auch Christines Mann. Aber bevor der sie kriegt, nimmt Christine sie lieber selber und ist begeistert, wozu Marie offenbar alles bereit ist. Gemeinsam begeben sie sich auf eine unmoralische Reise mit einem gefährlichen Ziel.
Rezension:
So hatte sich Christine ihr Leben nicht vorgestellt – eigentlich perfekt, aber auch verdammt eintönig. Von ihrem Job war sie so sehr genervt, dass sie beschlossen hat, Mutter zu werden, doch damit ist sie weder zufrieden noch kann sie mit ihrem kleinen Mädchen umgehen, vom Haushalt einmal ganz zu schweigen. Von ihrem Mann, den sie auch gar nicht wirklich liebt, ist sie nur genervt, obwohl er manchmal doch auch ein paar süße Anwandlungen hat und sich sehr viel Mühe mit ihr und dem Baby gibt. Um Christine zu entlasten, hat er sogar eine Babysitterin engagiert. Doch als Marie auftaucht, ist für die junge Mutter schnell klar, dass ihr Mann das Mädchen nur wegen ihres Aussehens ausgesucht hat. Und sie beschließt, sich Marie als erste zu schnappen, bevor ihr Mann auch nur die Gelegenheit bekommt, eine Affäre mit ihr anzufangen.
So unverschämt böse wie komisch – zusammen mit dem Klappentext verspricht dieser Spruch so einiges. Charlotte Roches neuer Roman kommt dazu mit einem signalroten Aussehen daher und kann allein durch sein Auftreten schon als provokant eingestuft werden. Der Klappentext lässt den Leser beherzt zum Buch greifen, in der Hoffnung, einen bissigen, grenzwertigen, humorvollen, kurzweiligen, unterhaltsamen Roman zu erhalten. Doch weit gefehlt. Nichts von alldem erwartet den Leser, ganz im Gegenteil. Mädchen für alles ist langweilig, ausschweifend und – erwartungsgemäß – anstößig, allerdings bewegt sich die Anstößigkeit weit unter der Gürtellinie. Protagonistin Christine, aus deren Sicht die Geschichte erzählt wird, ist eine verbitterte, gelangweilte und egoistische Frau, deren Alter nicht klar wird, doch man hat oft den Eindruck, dass sie sich entweder mitten in einer Midlife-Crisis befindet oder einfach der unangenehmste Mensch auf der Welt ist. Was als Lesevergnügen angepriesen wird, ist ein Roman über eine Frau, die zu viel trinkt, zwischendurch gerne auch mal Koks zieht – aber niemals mehr als drei Lines auf einer Party außer Haus, um ja nicht die Kontrolle zu verlieren! -, sich pausenlos über ihren Mann beschwert und rein gar nichts mit ihrer Tochter anfangen kann, die womöglich nicht einmal von ihrem Mann, sondern von ihrem Exfreund ist. Gelegentlich möchte man das Buch in Ermangelung auf den direkten Zugriff auf diese Schnepfe gegen die nächste Wand schmeißen, so unmöglich benimmt und gibt sie sich. Leider schaffen es die anderen Charaktere dabei auch nicht, ein Lichtblick für den Leser zu sein. Allesamt sind sie blass und langweilig, allerdings ist neben Christines vereinnahmendem Wesen auch kaum Platz für eine echte Entfaltung.
Auch die Story bekommt keinerlei Möglichkeit zur Entwicklung, ganz im Gegenteil. Eine zeitliche Nachvollziehbarkeit ist kaum machbar, die Zeitsprünge sind unverständlich und so mancher Logikfehler regt den Leser noch zusätzlich auf. Ganz unabhängig von dem Ekel, den Charlotte Roche mit Absicht und völlig offensichtlich provoziert, ist so ziemlich alles an diesem Roman einfach nur geschmacklos und ohne Inhalt. Unverständlich sind sämtliche Handlungen, nervtötend sind die ständigen Wiederholungen von nichtigen Kleinigkeiten, die für Christine allerdings eine große Rolle zu spielen scheinen, und richtig widerwärtig ist ihre ganz persönliche Einstellung und Sicht auf sich selbst. Da fragt man sich als Leser doch so manches Mal, ob die Protagonistin als Baby einmal zu oft auf den Kopf gefallen ist, dass sie sich ihrer tatsächlichen Wirkung in keiner Weise bewusst ist. Wer hier einen amüsanten Roman über eine überforderte junge Mutter und Hausfrau erwartet, der wird gnadenlos enttäuscht werden. Selbst ohne Erwartungen an dieses Buch heranzugehen wäre noch zu hoffnungsfroh. Das einzig Gute an Mädchen für alles ist sein Ende nach 240 qualvollen und Zeit stehlenden Seiten, das nicht mal ein wirkliches Ende ist, sondern vielmehr ein Abbruch mitten in der Geschichte, der auch wieder nicht nachvollziehbar ist. Hoffen wir, dass Frau Roche nicht vorhat, diese Lächerlichkeit von einem Roman in irgendeiner Art fortsetzen zu wollen. Wäre schade um das Papier und die Druckerschwärze.
Fazit:
Dass Charlotte Roche gerne provoziert, dürfte für niemanden eine großartige Neuigkeit sein. Auch in ihrem ersten nicht größtenteils autobiographischen Roman zieht sie wieder alle Register – und verlässt dabei eindeutig die Gürtelliniengrenze. Nicht auf positive Weise. Mädchen für alles ist anstößig, langweilig, wirr und alles andere als das, was dem Leser versprochen wird. Farblose Charaktere, keine nennenswerte Handlung und eine Protagonistin, die dem Leser statt einigen Lachern eher Würgereize und völliges Unverständnis entlockt. Selbst für Fans ist dieses Buch alles andere als empfehlenswert.
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