Never Doubt (Emma Scott)
Klappentext:
Manchmal braucht man die Worte eines anderen, um seine eigene Geschichte zu erzählen …
Für das, was vor einem Jahr geschah, hat Willow keine Worte. Erst als sie die Rolle der Ophelia am städtischen Theater bekommt, sieht sie eine Chance, ihren Schmerz mit den Zeilen Shakespeares in die Welt zu schreien. Ihr Hamlet ist Isaac Pearce, der Bad Boy der Stadt. Instinktiv versteht Isaac ihren Hilferuf, und mit jeder Konfrontation der tragischen Liebenden auf der Bühne kommen Willow und Isaac sich näher. Doch um wieder wirklich zu leben, muss Willow ihre eigene Stimme finden …
Rezension:
Willow konnte sich niemals vorstellen, New York zu verlassen, doch als ihr Vater von seiner Firma nach Harmony versetzt wird, scheint es für sie wie ein Segen zu sein. Denn so hat sie die Möglichkeit, vor dem, was letzten Sommer geschehen ist, zu fliehen, und hegt die Hoffnung, in dem kleinen Städtchen nicht nur endlich vergessen, sondern wieder zu sich selbst finden zu können. Obwohl Willow sich nie als Schauspielerin gesehen hat, spricht sie am städtischen Theater vor – für keine geringere Rolle als die der Ophelia in einem der größten Stücke Shakespeares. Dass dabei ausgerechnet der Bad Boy der Stadt ihr Hamlet sein soll, ist ihr eigentlich ziemlich egal. Doch Isaac ist viel mehr, als seine Fassade zeigt, und auf der Bühne lebt er richtig auf. Willow bittet ihn schließlich um Hilfe, um der Rolle der Ophelia Gerecht werden zu können, und lernt dabei nicht nur Isaac besser kennen, sondern erfährt auch, wie sie ihre eigenen Erfahrungen und Gefühle auf der Bühne verarbeiten und zum Ausdruck bringen kann. Bei den Arbeiten am Stück und den vom Theaterleiter verordneten Proben kommen sich die beiden näher und erlauben sich gegenseitig einen Blick hinter die Masken – was nicht bei allen auf Zustimmung trifft.
Du kannst auf niemanden herabsehen, wenn dein eigenes Selbstwertgefühl in den Dreck geworfen, in Stücke gerissen und angepisst wurde.
(Seite 102)
Emma Scott ist im New Adult-Genre längst kein unbekannter Name mehr. Mit Never Doubt legt sie nun ihre zweites Stand Alone vor, und als erstes sollte wohl erwähnt werden, dass hier eine unbedingte Triggerwarnung notwendig ist. Zwar weist die Widmung schon deutlich auf die Grundthematik hin, doch diese ist bei Weitem nicht ausreichend für das, was den Leser bereits im Prolog und auch im gesamten Verlauf des Buches erwartet. In der ersten Auflage wurde dies versäumt, doch es besteht Hoffnung, dass der Verlag bei einer folgenden Auflage eine diesbezügliche Änderung vornimmt.
Unabhängig davon kommen Fans des Genres wieder in den vollen Genuss von New Adult. Der flüssige Schreibstil schafft es trotz der schwierigen Themen, einen mitreißenden Sog zu verursachen und den Leser richtiggehend zu fesseln. Obwohl einige Passagen für manchen schwierig zu lesen und zu verarbeiten sind, entwickelt sich Never Doubt sehr schnell zu einem Pageturner, der die Gefühle wunderbar transportieren kann und den Leser an genau den richtigen Stellen abholt und auffängt. Die Charaktere sind, entgegen der klassischen Genre-Klischees, zur Abwechslung mal nicht stereotypisch – denn Willow ist trotz allem eine starke Persönlichkeit und Isaac so überhaupt nicht der Bad Boy, den man erwarten würde. Auch die Nebencharaktere haben eine meist sympathische, in jedem Fall aber authentische Darstellung erhalten und das Setting eines kleinen, verträumten Städtchens lädt nicht nur zum Verharren ein, sondern gibt dem Leser das Gefühl, direkt vor Ort zu sein. Und zu guter Letzt nimmt Shakespeare eine große Rolle im Buch ein – Emma Scott zeigt, dass seine Geschichten bis in die heutige Zeit aktuell sind und auch jüngeres Publikum durchaus begeistern kann. Die Parallelen des tragenden Stückes zur Story von Never Doubt sind geschickt eingeflochten, sodass selbst die heutzutage eher schwierige Sprache Shakespeares kein Problem darstellt, sondern sich perfekt einfügt und erst komplett abrundet.
Never Doubt ist gehört zu den Büchern, die lange im Leser nachhallen. Viele Gefühle ganz unterschiedlicher Art werden während der Lektüre geweckt und es ist nicht selten eine Herausforderung, mit diesen Gefühlen adäquat umzugehen. Einige Szenen machen extrem wütend, andere berühren das Herz, und zwischendurch durchlebt man die komplette Bandbreite aller Emotionen, die dazwischen liegen. Emma Scott lässt den Leser gemeinsam mit den Protagonisten ein ständiges Auf und Ab durchleben – eine vorsichtige Leseempfehlung für alle Fans des Genres, aber durchaus auch einen Blick von Shakespeare-Freunden wert.
Fazit:
Never Doubt ist definitiv keine leichte Lektüre und mit Vorsicht zu genießen. Mit der Geschichte um Willow und Isaac und alle Außenstehenden holt Emma Scott den Leser ab, nimmt ihn mit, trägt ihn zwischen den Zeilen und zerreißt mehr als einmal sein Herz, um zuerst nur ein Pflaster auf die Wunde zu kleben und es am Ende zwar mit Narben versehen, aber geheilt das Buch zuklappen zu lassen. Lediglich über eine umfassende Triggerwarnung sollte der Verlag für die kommende(n) Auflage(n) ernsthaft nachdenken.
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