Scherbenpark (Alina Bronsky)

Scherbenpark (Alina Bronsky)

Klappentext:

In diesem sehr heißen Sommer ist Sascha siebzehn, und sie hat nur zwei Träume: Sie will ihrer Mutter ein Buch schreiben, und sie will Vadim töten. Was es mit Vadim auf sich hat, warum Sascha ohne Mutter, aber mit ihrer Großtante lebt, wie die Familie durch ein Verbrechen erschüttert und berühmt wurde und was es bedeutet, in ein Dreiecksverhältnis mit einem Journalisten und seinem sechzehnjährigen Sohn zu geraten – all das erzählt sie mit Herz, Witz und einer Energie, die mitreißt.


Rezension:

Manchmal denke ich, ich bin die Einzige in unserem Viertel, die noch vernünftige Träume hat. Ich habe zwei, und für keinen brauche ich mich zu schämen. Ich will Vadim töten. Und ich will ein Buch über meine Mutter schreiben. Ich habe auch schon einen Titel: „Die Geschichte einer hirnlosen rothaarigen Frau, die noch leben würde, wenn sie auf ihre kluge älteste Tochter gehört hätte.“ Vielleicht ist das nur ein Untertitel. Ich habe Zeit, es mir genau zu überlegen, denn ich habe noch nicht angefangen zu schreiben.
(Seite 9)

Mit diesen Worten beginnt der Debütroman Scherbenpark von Alina Bronsky und zieht den Leser sofort in seinen Bann.
Obwohl das Buch keine wirkliche Handlung hat und eigentlich nur eine Aneinanderreihung von Tagen und während dieser Tage erfolgenden Geschehnissen ist, schafft die Autorin es mit ihrer einfachen Sprache, den Leser zu fesseln und ihn neben die Protagonistin Sascha zu stellen. Gerade erst siebzehn Jahre alt, hat sie schon mehr in ihrem Leben mitgemacht, als für dieses Alter tragbar ist. Und trotzdem wirkt sie stark und entschlossen, scheint klare Vorstellungen und Ziele im Leben zu haben – denkt dabei jedoch nicht nur an sich, sondern auch und vor allem an ihre kleinen Geschwister Anton und Alissa. Mit Hilfe ihrer Großtante Maria, für die sie selbst eigentlich eher die Hilfe darstellt, versucht sie, den Alltag wieder aufzunehmen und weiterzumachen.

Man lernt Sascha mit jeder einzelnen Seite besser kennen, macht sich ein Bild von ihrem Charakter und ihrem Umfeld, und trotzdem hat man keinen konkreten Eindruck von diesem jungen Menschen, der nicht in die Umgebung, in der er aufwächst, zu passen scheint. Deutlich spürt man ihren Wunsch, aus dem Wohnkomplex auszubrechen und die dort verankerten Erinnerungen hinter sich zu lassen, irgendwo neu anzufangen und das Leben nach den eigenen Vorstellungen zu leben. Man merkt aber auch, dass ihre jüngeren Geschwister ihr alles bedeuten und sie diese niemals im Stich lassen würde, solange sie sich nicht sicher sein kann, dass sie auch in ihrer Abwesenheit die bestmögliche Erziehung erhalten würden.
Neben dem Traum, ein Buch für ihre Mutter zu schreiben, beschäftigt sie sich gedanklich viel mit ihrem ersten Wunsch: Dem Mord an Vadim. Warum sie diesen Wunsch überhaupt hegt, wird beim Lesen schnell klar und auch nachvollziehbar. Und obwohl der Wunsch im Verlauf des kompletten Buches in den Hintergrund gestellt wird, ist er doch immer gegenwärtig und auch im Kopf des Lesers. Bronsky schafft es hier, einen nachhaltigen Gedanken im Gehirn zu platzieren, der dort bestehen bleibt und auch nach dem Abschluss des Buches nachhallt.

Dass das Buch keine Kapitel besitzt und der Text nur durch vereinzelte Leerzeilen und Absätze aufgegliedert wird, lässt ein Unterbrechen des Leseflusses fast unmöglich werden. Doch auch die sehr einfache und leicht verständliche Sprache und die locker erzählte Geschichte an sich lassen den Leser nicht ans Aufhören denken. Man blättert Seite um Seite um Seite um, verschlingt die Erzählung der Protagonistin, die zu reif für ihr Alter scheint – vor allem im direkten Vergleich zu den anderen gleichaltrigen Charakteren, die immer wieder ihre Erwähnung finden.
Ein offenes Ende lässt den Leser mit Hoffnung zurück, dass es vielleicht ein weiteres Buch von und mit Sascha geben wird, in dem die Geschichte weitergesponnen werden und zu einem für die junge Frau guten Ende führen kann.

Ich habe ein bisschen Angst, dass jetzt jemand nach mir fragt.
Aber das passiert nicht.
Ich ziehe die Tür leise hinter mir zu.
Der Solitär ist ganz still. Nur in einem der obersten Stockwerke weint ein Kind.
Die Bank vor dem Eingang ist leer.
Ich werfe mir die Tasche über die Schulter, schiebe den Schirm meiner Kappe in den Nacken und trete hinaus in die Sonne.
(Seite 289)


Fazit:

Scherbenpark ist Gegenwartsliteratur in sehr kurzweiliger Form, die durch Wortwitz, Sprachgefühl und distanzierte Nähe ohne das Gefühl des Ausgeschlossenseins gewinnt. Ein überzeugendes Debüt!




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eine Kommentar
  1. Sabine Koblinger sagt:

    Ich fand das Buch sehr gut zu lesen. Gefehlt haben mir jedoch die Kapiteln. Ich kann das Buch nur empfehlen weil es eine Geschihte erzählt, die sehr real ist und die durchaus im richtigen Leben passieren kann. Einfach nur zum nach denken das Buch.

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