Schlaf nicht ein (Michelle Harrison)

Schlaf nicht ein (Michelle Harrison)

Klappentext:

Du siehst nachts die Geister von Toten.
Du bist ihnen hilflos ausgeliefert.
Und einer der Toten will deine große Liebe für sich.

Du musst etwas tun – und du bist ganz allein.

Seit Monaten versucht Elliot, sich mit allen Mitteln wachzuhalten. Denn nachdem er bei einem Unfall für einige Minuten klinisch tot war, passieren schaurige Dinge mit ihm, während er schläft: Er kann sich nicht rühren, spürt Schatten, die sich um ihn herum bewegen, oder er wandelt durchs Haus, während sein Körper schlafend im Bett liegt. Als er sich in Ophelia verliebt, wird es noch unheimlicher: Offenbar versucht ein Toter, Besitz von Elliots Körper zu ergreifen …


Rezension:

Schlafen ist für Elliot zu einem echten Horror geworden, seit er einen schlimmen Unfall hatte, bei dem sein Herz für einige Minuten mit dem Schlagen aufgehört hatte und er eine außerkörperliche Nahtoderfahrung erlebt hat. Denn seit diesem Zeitpunkt ist sein Leben völlig auf den Kopf gestellt – sobald er einschläft, scheint sein Geist seinen Körper zu verlassen und durch die Wohnung zu laufen. Außerdem erhält er Besuch von seltsamen Schatten, die ihm irgendetwas mitzuteilen versuchen, die er aber nicht verstehen kann. All das macht ihm ziemliche Angst, weshalb er das Schlafen größtenteils zu vermeiden versucht und massenhaft Kaffee und andere aufputschenden Mittel zu sich nimmt. Seine Familie und die Ärzte sind ratlos und glauben ihm natürlich nicht, was es für Elliot noch schwerer macht, mit der ganzen Situation umzugehen.

Da er nach dem Unfall erst einmal freigestellt wurde, sitzt er die meiste Zeit entweder Zuhause oder in der Bar seines Bruders, bis es ihm irgendwann reicht und er etwas Licht in diese ganzen Phänomene bringen möchte, damit er endlich wieder seine Ruhe hat und schlafen kann, ohne heimgesucht zu werden und schweißgebadet wieder aufzuwachen. Bei seinen Online-Recherchen stößt er auf ein Jobangebot, das seine Neugier weckt – in einem Geistermuseum, in dem es wirklich spuken soll, wird für die Sommermonate jemand gesucht, der Führungen macht und den Besuchern ein echtes Geisterspektakel liefert. Schnell wird Elliot klar, dass er so zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt, denn auf diese Weise kann er nicht nur seinem Problem und dessen möglicher Lösung auf den Grund gehen, sondern auch noch ein wenig Geld verdienen. Doch er ahnt nicht, dass er sich mit diesem Job in echte Gefahr begibt – denn nicht alle Geister sind gut und wollen ihm nur etwas mitteilen. Manche gehen ein ganzes Stück weiter und das wird Elliot schon bald am eigenen Leib erfahren müssen …

Schlaf nicht ein kommt mit einem nicht ganz neuen, aber durch aus individuell gestalteten Thema daher. Geistergeschichten sind auf dem aktuellen Buchmarkt keine Seltenheit und erfreuen sich im Allgemeinen einer großen Fangemeinde. Nicht immer ist ein hoher Gruselfaktor zu erwarten und der Roman von Michelle Harrison scheint auf den ersten Blick auch nicht wirklich in dieses Genre zu fallen. Doch schon beim Lesen des Klappentextes wird relativ schnell klar, dass man hier nicht mit einem klassischen Gruselroman zu rechnen hat. Denn tatsächlich ist die Geschichte sehr vielschichtig und kann nicht nur Grusel-Freunde, sondern auch Anhänger von normalen Romanen durchaus gut unterhalten. Es ist eine gelungene Mischung aus einer Geistergeschichte, die sich mit Nahtoderfahrungen auseinander setzt und auch eine angenehme Portion Liebe liefert. Was erstmal nicht zusammen zu passen scheint, wird bereits in den ersten Kapiteln zu einem Strudel, aus dem der Leser sich nur schwer losreißen kann, und weil Schlaf nicht ein ohnehin nicht unbedingt als Gute-Nacht-Lektüre zu empfehlen ist, könnte so manche schlaflose Nacht folgen. Allerdings muss man deshalb keine Angst vor dem Buch haben, denn Michelle Harrison geht vergleichsweise sehr behutsam mit der Thematik um und verzichtet auf übermäßigen Schnickschnack, der von der eigentlichen Geschichte ablenkt. Dadurch kann sich der Leser auf das Wesentliche konzentrieren und sich von Elliots Kampf mitreißen lassen, ohne das Gefühl zu haben, unnötige Informationen zu bekommen oder hingehalten zu werden.

Authentische Charaktere, die teilweise ein bisschen schrullig sind und natürlich auch ihre kleinen oder auch größeren Geheimnisse haben, runden die Story sehr gut ab und vermitteln dem Leser oft das Gefühl, direkt dabei zu stehen und mitten im Geschehen zu sein. Was in Anbetracht der Tatsache, dass Elliots Körper von einem Geist beansprucht werden soll, zwar tatsächlich ein wenig beängstigend scheint, aber im Grunde nur an einer guten Erzählweise liegt – und das muss man Michelle Harrison lassen, ihr Schreibstil ist wirklich sauber. Natürlich findet der Skeptiker hier und da einige Ungereimtheiten, aber über die kann man ohne Probleme hinwegsehen, weil der Unterhaltungsfaktor nahezu durchgängig auf einem hohen Niveau gehalten werden kann. Kleinere Längen im Geschichtenverlauf sind trotzdem vorhanden, werden aber schnell überwunden und fallen daher kaum ins Gewicht. Insgesamt ist ihr Roman einfach stimmig und kann auch jene, die nicht viel mit Geistern anzufangen wissen, auf seine Seite ziehen. Dass es sich eigentlich um ein Buch für Jugendliche handelt, fällt dabei auch nicht besonders schwer ins Gewicht – die Autorin bewegt sich auf sicherem Terrain und schafft es dadurch auch, dass erwachsene Leser ihren Spaß haben.


Fazit:

Eine zum Gruseln verführende, leicht durch Liebe angehauchte und mit etwas Durchhaltevermögen gut unterhaltende Geschichte über einen jungen Mann, der nach einer Nahtoderfahrung ein in vielerlei Hinsicht spannendes und nicht ganz einfaches Leben hat – so könnte man Schlaf nicht ein kurz und grob zusammen fassen. Michelle Harrison liefert einen soliden Thriller mit Spannung und nicht unerheblichem Gruselfaktor für Jugendliche ab, der auch Erwachsene ohne Probleme mitreißen kann. Eine Empfehlung für jeden Geister-Begeisterten und Grusel-Freund, aber auch für Leser, die einfach mal etwas Neues ausprobieren möchten.



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