Silent Child – Nur dein Kind kennt die Wahrheit (Sarah A. Denzil)
Klappentext:
Vor zehn Jahren musste Emma Price hilflos mit ansehen, wie der rote Regenmantel ihres sechsjährigen Sohns Aiden aus dem Wasser gefischt wurde. An jenem verhängnisvollen Tag gab es eine Sturmflut und der kleine Junge lief heimlich von der Schule weg und ertrank. Sein Körper wurde nie gefunden. Zehn Jahre später hat sich Emma nach sehr schweren Zeiten von diesem Schicksalsschlag erholt, ist verheiratet und hochschwanger – als plötzlich ihr totgeglaubter Sohn wieder auftaucht. Stumm. Nur die zahlreichen, zum Teil Jahre alten Verletzungen erzählen eine grausame Geschichte. Wo war er? Was ist ihm passiert? Und wer hat Aiden entführt? Emma sucht verzweifelt nach Antworten. Und muss feststellen, dass sie niemandem vertrauen kann …
Rezension:
Bei einem schweren Unwetter vor zehn Jahren verschwand Emmas damals sechsjähriger Sohn Aiden spurlos. Lediglich seine rote Regenjacke wurde in den Fluten des Flusses gefunden. Inzwischen wurde Aiden offiziell für tot erklärt und beerdigt, Emma ist wieder verheiratet und erwartet ein kleines Mädchen. Doch wie aus dem Nichts taucht im nahegelegenen Wald ein ungefähr sechzehnjähriger Junge auf und schnell stellt sich heraus, dass es sich dabei um ihren Sohn handelt. Niemand weiß, woher er so plötzlich kommt und was ihm in den vergangenen zehn Jahren widerfahren ist. Denn Aiden spricht nicht und ist auch ansonsten nicht auf dem Entwicklungsstand von Gleichaltrigen. Mit Hilfe des bereits damals zuständigen Polizisten macht Emma sich auf die Suche nach Antworten. Doch jeder im Dorf ist verdächtig, und solange Aiden nicht redet, stehen die Ermittler vor nicht nur einem Rätsel.
Ein echtes Horrorszenario für Eltern als Grundplot – zumindest mit der Ausgangsidee konnte Sarah A. Denzil einen Volltreffer landen. In einer Art Rückblende erlebt der Leser den Tag des Unwetters und das spurlose Verschwinden von Aiden quasi hautnah mit. Hier spielt die Autorin ihre Karten besonders im Hinblick auf die Gedanken und Emotionen der Mutter hervorragend aus, kann aber vor allem mit der bedrückenden Atmosphäre dieses besonderen Tages punkten. Die düstere Atmosphäre wird weitestgehend durch das ganze Buch hinweg aufrechterhalten, was für einen gewissen Spannungsbogen sorgt, denn ansonsten bleibt der Nervenkitzel leider die meiste Zeit auf der Strecke. Trotz aller Versuche, den Charakteren ähnliche Substanz zu verleihen, bleibt der Großteil der agierenden Personen über weite Strecken eher farblos. So richtig Zugang bekommt der Leser zu keinem Protagonisten, wodurch viel Potential verschenkt wird. Und obwohl die Autorin durchaus spannende und interessante Plottwists einzubauen versteht, überwiegt das Frustlevel beim Leser durch zahlreiche Wiederholungen, gerade was den Jammermodus von Emma angeht. Sie ist, neben Aiden, eigentlich die wichtigste Person, konzentriert sich aber meistens auf die falschen Dinge bzw. Personen. Allerdings entwickelt sie sich im Laufe der Seiten von einer naiven, teils gebrochenen und hilfsbedürftigen Frau zu einer starken Kämpferin, die für sich, ihre Kinder und ihre Freunde einzustehen versucht.
Insgesamt kann man sagen, dass Silent Child – Nur dein Kind kennt die Wahrheit durchaus seine Höhepunkte hat, aber auch einige Schwachpunkte mitbringt. So ist die eher einfach gehaltene Sprache anfangs durchaus angenehm zu lesen, wird aber im weiteren Verlauf auch zu einer etwas anstrengenden Lektüre. Ein wenig mehr sprachliche Raffinesse hätte der Spannung sicherlich gutgetan, ebenso hätten zumindest einige Charaktere mehr Tiefgang verdient. Auch einige Hintergrundinformationen bzw. später aufgedeckte Geheimnisse wurden teilweise viel zu kurz abgehandelt und hatten dadurch keine Gelegenheit, sich zu entfalten und ihre eigentliche Wichtigkeit in der Gesamtstory zu zeigen. All das scheint sich Sarah A. Denzil für die letzten Kapitel aufgehoben zu haben, die eine wahre Informationsflut darstellen und, im Vergleich zum Rest des Buches, viel zu überladen sind. Trotzdem kann der Storytwist am Ende für Überraschung sorgen, gerade weil vorhergehende Vermutungen zwar nicht ganz falsch sind, aber doch nicht zur finalen Aufklärung des Falls beitragen. Für Genre-Einsteiger durchaus geeignet, aber auch für erfahrene Thrillerleser eine nette Zwischendurch-Lektüre, wenn es mal nicht zu viel Spannung sein muss.
Fazit:
Ein Kind verschwindet spurlos und taucht zehn Jahre später wie aus dem Nichts und quasi stumm wieder auf – in Silent Child greift Sarah A. Denzil ein echtes Horrorszenario für Eltern auf. Nur dein Kind kennt die Wahrheit lebt vor allem von der düsteren Atmosphäre Nordenglands, verläuft sich aber ansonsten sehr in seitenlangem Gejammer und sich ständig wiederholenden Aussagen. An sich eine spannende Grundgeschichte mit einigen heftigen Abgründen, aus der aber viel mehr hätte gemacht werden können.
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