The Sign – Nur zu deiner Sicherheit (Julia Karr)
cbt, 1. Auflage Dezember 2011
Originaltitel: XVI – Bd. 1
Aus dem Amerikanischen von Bettina Spangler
Broschur, ca. 352 Seiten
€ 8,99 [D] | € 9,30 [A] | CHF 13,50
ISBN: 978-3-570-30772-4
Leseprobe
Genre: Jugenddystopie
Klappentext:
Nichts fürchtet die in einer nahen Zukunft lebende Nina so sehr wie ihren sechzehnten Geburtstag. Obwohl die meisten Mädchen dieses Datum kaum erwarten können: Sie bekommen ein Tattoo und dürfen nun legal Sex haben. Doch Nina ahnt, dass mehr hinter diesem Tattoo steckt. Als kurz darauf ihre Mutter bei einem brutalen Anschlag ums Leben kommt, erfährt Nina: Ihre Mutter gehörte zum Widerstand – und ihr tot geglaubter Vater ist am Leben, irgendwo im Untergrund. Sie setzt alles daran, ihn zu finden – und gleichzeitig sich und ihre Halbschwester vor dem Zugriff des Regimes zu schützen. Da verliebt sie sich in Sal, einen Widerstandskämpfer. Doch kann sie ihm trauen?
Rezension:
Ich fummelte wieder an den Anhängern rum und hielt mich krampfhaft an dem W fest. Dann hörte ich auf zu labern, holte tief Luft und sah Sal direkt in seine tiefdunklen Augen. »Ich habe Angst davor, einen Freund zu haben. Ich weiß nicht, wie man sich verhält und wie man nicht vergisst, man selbst zu sein. Und ich hab Angst davor, was es bedeutet, einem Jungen ganz nah zu sein, einem Jungen, den ich vielleicht sogar richtig gern habe.«
Da war sie nun also: Die Wahrheit.
(Seite 180)
Nina ist fünfzehn und lebt mit ihrer Mutter Ginnie sowie ihrer Halbschwester Dee in einem Wohnmodul in Cementville, einem Vorort vom Chicago der Zukunft. Ihr Vater starb am Tag ihrer Geburt, zu ihren Großeltern hat sie ein inniges Verhältnis, auch wenn diese etwas schräg sind. Ninas beste Freundin Sandy fiebert ihrem eigenen sechzehnten Geburtstag entgegen, denn dann darf sie offiziell Sex haben, und schon jetzt benimmt sie sich wie ein waschechter Sex-Teen. Sandy ist besessen von dem Gedanken, in das spezielle Weiterbildungsprogramm aufgenommen zu werden, das ihr die Möglichkeit gibt, in einen höheren Rang aufzusteigen und damit ihren Lebensstandard enorm zu verbessern. Nina hingegen steht dem Ganzen eher skeptisch gegenüber – sie weiß noch nicht so richtig, was sie sich von ihrem Leben erwartet, und empfindet die Behandlung von jungen Mädchen als nicht angebracht. Doch der Regierungsrat überwacht die Bevölkerung aufs Schärfste, weshalb man mit seinen kritischen Äußerungen eher vorsichtig sein sollte.
Doch als Ginnie eines Nachts brutal niedergestochen wird, verrät sie ihrer ältesten Tochter in ihren letzten Atemzügen einige Geheimnisse: Alan, Ninas Vater, ist noch immer am Leben, Ginnie hat die letzten fünfzehn Jahre Beweise gegen das Regime gesammelt und nun ist es Ninas Aufgabe, ihren Dad zu finden und ihm all das zu übergeben. Kein leichtes Unterfangen, wenn man die Tatsache dazunimmt, dass Ed – Dees leiblicher Vater – alles daran setzt, an diese Beweise zu kommen, und nimmt dabei keine Rücksicht auf Verluste. Für Nina beginnt ein harter Kampf ums Überleben, bei dem ihr alte und neue Freunde zur Seite stehen. Und dann ist da natürlich auch noch Sal, den sie unter seltsamen Umständen kennen lernt und der in ihr all diese Gefühle auslöst, die ein echter Sex-Teen fühlen soll …
Ein typisches Jugenddystopie-Cover, ein typischer Titel, ein typischer Klappentext: Auf den ersten Blick scheint das Debüt von Julia Karr genau in die Schiene des Erfolgszuges zu passen, der den aktuellen Buchmarkt förmlich überschwemmt. Wo man hinsieht, sieht man starke, überwiegend weibliche Charaktere, die gegen das zukünftige, unterdrückende Regime kämpfen und dabei noch allerhand persönliche Tragödien überstehen müssen. Und ja, auch The Sign – Nur zu deiner Sicherheit fährt mit all diesen Dystopie-Komponenten auf. Irgendwie. Denn der eindeutig erste Band einer Reihe mit bislang unbekannter Länge bringt auch zahlreiche Erkennungsmerkmale aus anderen Genres mit, wodurch sich der Leser zeitweilig ein wenig überfordert fühlen könnte. Man bekommt jede Menge Input, mehrere Nebenhandlungen werden angeschnitten, aber nicht fortgesetzt, im Grunde wird dem Leser ein buntes Sammelsorium aus kleinen Häppchen vorgesetzt und es liegt an ihm, was er daraus macht. Das macht es schwierig, voll in die Geschichte, die von der Grundidee her super in den Genre-Einheitsbrei passt, einzusteigen und sich Ninas Gedanken wirklich zu öffnen.
Dass Nina und auch die anderen Charaktere nicht unbedingt einfach zu handhaben sind, kommt noch erschwerend hinzu. Nina selbst ist sehr unentschlossen, Sandy nervt mit ihrem Gehabe, die Jungs Sal, Mike und Derek bleiben leider zu oberflächlich. Aus der Clique können einzig Wei und Dee einige Sympathiepunkte beim Leser sammeln, Grandma und Grandpa sind schrullig-liebenswert und Ed passt sich seiner Rolle als Bösewicht perfekt an. Durch Ninas Gefühls- und Gedankenwirrwarr wiederholt sich Julia Karr in einigen Aussagen des Öfteren, teils Wort für Wort, was einige Lesepausen nach sich zieht, um den Leser noch einmal den Kopf schütteln zu lassen. Dadurch ergibt sich leider ein Mix, der den Leser nach Ende des Buches ebenfalls unentschlossen zurücklässt: Die Geschichte an sich hat viel Potential, das leider nur in Ansätzen genutzt wird; die Charaktere sind durchwachsen und nur bedingt in der Lage, den Leser auf ihre Seite zu ziehen; der Sprachstil ist weitestgehend flüssig und ermöglicht ein schnelles Lesen, bleibt aber auch eher im Durchschnitt und kann nur wenig mit Raffinessen aufwarten. Dazu die vielen verschiedenen Merkmale, die aus The Sign – Nur zu deiner Sicherheit ein Genre-Mix machen, ohne auch nur einem einzigen wirklich gerecht zu werden. Es scheint fast so, als hätte die Autorin sich an allem ausprobieren wollen und wüsste selbst nicht so recht, in welchem Genre sie wirklich Zuhause ist. Nun bleibt abzuwarten, ob und wie die Geschichte weitergeht – Potential ist vorhanden, doch es wird Julia Karr einiges an Mühe kosten, die richtigen Punkte rausziehen und umsetzen zu können.
Fazit:
Ein Familiendrama mit Teen-Lovestory in dystopischem Hintergrund: The Sign – Nur zu deiner Sicherheit ist ein Mischwerk aus so ziemlich allen Genres und kann doch nur wenig begeistern, vielleicht auf Grund der Vielzahl der verschiedenen Komponenten – umfangreich, aber kaum erzählend schreibt Julia Karr über ein Mädchen, das nicht weiß, was es denken oder fühlen soll, aber viel zu schnell erwachsen werden muss. Doch weniger ist oft mehr, hoffentlich konzentrieren sich Folgebände auf das Wesentliche und schneiden nicht zu viele Handlungen auf einmal an.
Wertung:
Handlung: 3/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung: 3,5/5
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