Torso (Wolfram Fleischhauer)

Droemer, 1. Auflage Oktober 2011
HC mit SU und LB, 432 Seiten
EUR (D) 19,99 | EUR 20,60 (A)
ISBN: 978-3-426-19853-7
Leseprobe

Genre: Thriller


Klappentext:

Zwei Tote.
Ein Rätsel.
Keine Gnade.

In einem leerstehenden Berliner Hochhaus macht die Polizei einen grausigen Fund. Ein makaber drapierter Frauentorso stellt alles in den Schatten, was Hauptkommissar Zollanger in seiner Laufbahn je zu sehen bekam.

Anderswo in Berlin will eine verzweifelte junge Frau nicht an den »Selbstmord« ihres Bruders glauben – und sticht ahnungslos in ein Wespennest aus Gier, Verrat und Vertuschung übelster politischer Machenschaften.

Der große Thriller von Wolfram Fleischhauer.


Rezension:

Ein mit Stoffbahnen hergerichteter Frauentorso in einer leerstehenden Abrissplatte mitten im Berliner Osten und der nur wenig später ähnlich anmutender und offensichtlich zusammenhängender Fund eines ausgeweideten Lamms, in dessen Bauch sich ein weiblicher Arm befindet, in einem beliebten Nacht-Club stellen das Ermittlungsteam um Martin Zollanger vor ein im wahrsten Sinne des Wortes kunstvolles Rätsel. Nahezu zu gleichen Zeit macht sich Elin Hilger auf die Suche nach dem wahren Hintergrund des von der Polizei als Selbstmord zu den Akten gelegten Todes ihres Bruders, denn in ihren Augen weist nichts darauf hin, dass Eric freiwillig aus dem Leben scheiden wollte. Und als dritter Handlungsstrang wird die Tochter eines einflussreichen und stadtbekannten Bankiers entführt – eine Entführung, die der Polizei nicht gemeldet wird, da die schmutzigen Geschäfte des Vaters zur Zeit alles außer Publicity jedweder Art gebrauchen können. Dass diese drei Geschichten irgendwie miteinander verbunden sein müssen, wird erfahrenen Thriller-Lesern schnell bewusst sein, doch wie eng die Zusammenhänge wirklich liegen, wird zumindest zum Teil auch für eingefleischte Genre-Anhänger für so einige Überraschungen sorgen.

Drei verschiedene Handlungsstränge, die parallel erzählt werden und im Verlauf des Buches schließlich zusammen finden, erzählen die Geschichte des Thriller-Debüts von Wolfram Fleischhauer. Torso ist also eine wohlkalkulierte, jedoch mit einigen Ungereimtheiten umgesetzte Idee – definitiv keine neue und besonders innovative, allerdings mit brisantem und hochaktuellem Thema, was wohl vor allem Wirtschaftskrimi-Fans begeistern wird. Durch zahlreiches Kalkulierungsgeplänkel ziehen sich so manche Kapitel ziemlich in die Länge, selbst Lesern mit bankspezifischem Hintergrundwissen verziehen das eine oder andere Mal auf Grund des zum Teil unwichtigen Detailreichtums von Zietens Ansprachen unglücklich das Gesicht. Dass die Kapitel insgesamt eher kurz gehalten sind, macht das Lesen etwas angenehmer und lässt gerade die ermittlungsrelevanten Abschnitte schnell dahin fliegen, was die Lektüre dieses Thriller-Debüts recht kurzlebig erscheinen lässt – und da man auch keinen richtigen Zugang zu den Charakteren findet, ist dieses Gefühl während des kompletten Lesens unterschwellig vorhanden. Wolfram Fleischhauer hat eine für belletristische Romane passende Erzählart, die in Torso so manches Mal fehl am Platz scheint. Die Wirtschaftsdarlegungen sind in geringem Maße sicher hilfreich für die Entwicklung der Geschichte, doch der erzählerische Ausschweifungsgrad macht ebendiese Darstellungen zäh wie Kaugummi und lässt den Leser diese Passagen gerne überfliegen. Da sich zum Ende hin herausstellt, dass die Details für die Aufklärung des Falles nur bedingt notwendig sind, zieht sich der Gedanke „weniger ist mehr“ wie ein roter Faden durch das komplette Lesevergnügen.

Ohne Fleischhauers andere Bücher und seinen sonstigen Schreibstil zu kennen, dürfte Torso potentielle Weiter-Leser verschrecken, denn obwohl die Idee in diesem Zusammenspiel recht neu und der Plot insgesamt betrachtet gut durchdacht sind, will die erzählerische Lesart nicht so recht ins Thriller-Genre passen. Klar erkennbar wird hier, dass sich der Autor viel mit dem Thema „Kunst“ auseinander gesetzt hat, und tatsächlich wird in der Autoreninfo des Schutzumschlages erwähnt, dass Fleischhauers bisherige Romane sich um Kunst gedreht haben. Sowohl Titel als auch Aufmachung des Buches versprechen dem Leser mehr, als der Autor – dessen Name im Übrigens auch perfekt ins Genre passt – letzten Endes einhalten kann. Es ist fraglich, ob Wolfram Fleischhauer sich weiterhin in anderen Genres als der Belletristik „austoben“ sollte – Potential ist ganz klar vorhanden und auch ein gewisses Maß an Anspruch kann man definitiv nicht absprechen. Und doch fehlt diesem Versuch irgendwas, das den Leser so richtig begeistern kann.


Fazit:

Ein Belletristik-Autor, der sich in die (Wirtschafts-)Thriller-Szene wagt – ein Wagnis, das so manche Hürde mit sich bringt. Manche konnte Wolfram Fleischhauer überwinden, an anderen scheiterte er leider. Torso bleibt daher nur im Mittelfeld stecken und ist vor allem Wirtschaftskriminalität-Interessenten wirklich zu empfehlen. Alle anderen Thriller-Fans werden sich mit diesem nur zum Teil geglückten Versuch nicht ausgelastet fühlen und lieber nach anderen Exemplaren des Genres greifen.


Wertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5


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