Verdorbenes Blut (Geoffrey Girard)

Verdorbenes Blut (Geoffrey Girard)

Klappentext:

Das Böse ist dir näher, als du ahnst …

Aus einer Einrichtung für gewalttätige Jugendliche sind sechs Jungen ausgebrochen. Ex-Militär Shawn Castillo wird eingeschaltet, um sie zu finden und zurückzubringen. Schnell entdeckt er, dass hinter der Fassade der „therapeutischen Einrichtung“ ein fragwürdiges Projekt steht und die Ausreißer keine gewöhnlichen Jungen sind: Sie tragen Namen wie Ted Bundy, Jeffrey Dahmer, Dennis Rader – und sind die exakten genetischen Kopien dieser berüchtigten Serienmörder. Sie sollen das Böse in Reinform in sich tragen. Sie sollen den sicheren Tod bringen. Und sie sind mitten unter uns …


Rezension:

Welcher Defekt liegt vor, wenn man sich dazu überwinden kann, einander zu töten? MÄNNER sind für das Blut und die Gewalt aller Kulturen, aller Länder, aller Zeiten verantwortlich. Und Serienmorde sind der maskuline Zenit dieser geschlechtsspezifischen Lust an Dominanz und Exekution. Sie sind das asoziale Gegenstück zu Philosophie, Mathematik, Musik et al. Merke: Es gibt keinen weiblichen Mozart, weil es keinen weiblichen Jack the Ripper gibt.
(Seite 137)

Als aus einem geheimen Forschungslabor in Pennsylvania sechs Jungen ausbrechen und ein riesiges Chaos sowie einige Leichen hinterlassen, erhält der Ex-Soldat Shawn Castillo den Auftrag, die sechs Jugendlichen ausfindig zu machen und zurück zu bringen. Doch etwas ist seltsam an diesen Ausbrechern. Schnell kommt Castillo hinter das Geheimnis des Forschungslabors: Von der Regierung finanziell bezuschusst wird dort Genforschung betrieben, allerdings nicht auf herkömmliche Weise, sondern anhand von Menschenversuchen. Die getürmten Jungen sind allesamt geklonte Nachkommen der gefährlichsten Serienmörder, die die amerikanische Geschichte je gesehen hat. Und sie scheinen nicht auf eigene Faust ausgebrochen zu sein, sondern hatten Hilfe dabei und wurden quasi auf die Menschheit losgelassen. Umso wichtiger ist es, sie schnellstmöglich zu finden und wieder aus dem Verkehr zu ziehen. Zum Glück hinterlassen sie eine ziemlich eindeutige Spur, welcher Castillo zusammen mit dem 15-jährigen Jeff folgt. Auch er ist der Klon eines berüchtigten Serienkillers und Castillo ist nicht ganz wohl dabei, ihn die ganze Zeit an seiner Seite zu wissen. Doch Jeff erweist sich als große Hilfe, denn nur er kann die verworrenen Aufzeichnungen des Forschungsleiters entziffern und somit entscheidende Hinweise auf die nächsten Schritte der sechs ausgebrochenen Jungs liefern.

Das Thema Genforschung ist spätestens seit Dolly, dem Schaf, ein vielfach behandeltes. In Verdorbenes Blut greift Geoffrey Girard eine bislang sehr selten öffentlich besprochene Seite dieser Thematik auf und schafft es mit seiner hoffentlich rein fiktiven Geschichte, den Leser auf teilweise durch viel Fachchinesisch verwirrende, in jedem Fall jedoch sehr verstörende Weise zu unterhalten. Nach einem Prolog, der erst im Laufe des Buches seine Bedeutung offenbart, bekommt der Leser zuerst einmal eine Art Grundeinweisung in die Thematik der Genforschung und ist an mancher Stelle durch viele Begrifflichkeiten etwas überfordert. Doch sobald die Story ihren Lauf genommen hat, fällt es schwer, sich dem Buch zu entziehen geschweige denn es aus der Hand zu legen. Denn wer weiß schon, auf welchen Tatsachen diese erschreckend realistische Idee basiert? Es ist ein Szenario, das gar nicht so unglaublich erscheint, und vielleicht ist die Forschung auf diesem Gebiet tatsächlich schon viel weiter, als öffentlich bekannt gemacht wird. Eine schreckliche Vorstellung, dass die hier niedergeschriebene Geschichte vielleicht sogar irgendwann Wirklichkeit werden könnte. Diese Tatsache in Verbindung mit detailreichen, in den meisten Fällen sehr blutigen Darstellungen machen Verdorbenes Blut zu einem Thriller der Güteklasse A und man hofft, dass man schon bald weitere Bücher von diesem Autor in die Hände bekommt.

Ein paar Schwachstellen bei der Gestaltung der Charaktere, die weitestgehend leider nur oberflächlich bleiben, und der großzügigen Bedienung von Fachbegriffen schmälern das Lesevergnügen so manches Mal. Auch das Ende, das wirkt, als wollte Geoffrey auf Teufel komm raus unbedingt einen guten und glücklichen Abschluss liefern, will nicht so recht zum Rest des Thrillers passen. Hier hätten gerne ebenfalls ein paar härtere Geschütze aufgefahren werden dürfen, denn nach all den Abgründen will sich bei dieser Lösung kein Zufriedenheitsgefühl beim Leser einstellen. Ähnlich verhält es sich mit den Hintergründen der DNA-„Spendern“, denn die Geschichten der Serienmörder, aus denen die Klone entstanden sind, kommt viel zu kurz. Natürlich sind die meisten im Buch genannten Namen keine unbekannten und zu fast jedem fällt einem auch so manches Detail ein, doch ein paar mehr Informationen hätten die ganze Sache vielleicht noch ein bisschen runder gemacht. So bleibt Verdorbenes Blut ein sehr guter, wenn auch leicht verwirrender Thriller, der dem Leser mit verstörenden Ideen noch lange nach Beenden des Buches genügend Stoff zum Nachdenken gibt.


Fazit:

Was würde passieren, wenn sich die Genforschung soweit entwickeln würde, dass es irgendwann tatsächlich überlebensfähige menschliche Klone gibt? Und was würde passieren, wenn im Zuge dieser Forschung die DNA von den schlimmsten Serienmördern der Geschichte in die falschen Hände gerät? In Verdorbenes Blut wird diese Idee in einen teilweise sehr wissenschaftlichen, definitiv extrem blutigen und durchweg rasant erzählten Thriller gepackt, der für atemlose und gänsehautreiche Stunden sorgt. Von Geoffrey Girard hat man mit Sicherheit nicht das letzte Mal gelesen und vielleicht versucht er bei seinem nächsten Buch, etwas weniger Fachchinesisch zu nutzen und dafür lieber seinen Charakteren ein wenig mehr Tiefgang zu geben.



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