Das verflixte siebte Jahr …
… oder: Eine „Bloggerkarriere“ nimmt ihren Lauf.
Die Sieben ist scheinbar eine sehr magische Zahl.
Die Woche hat sieben Tage, eine Katze sieben Leben und die Menora sieben „Arme“, es gibt sieben Todsünden, sieben Weltwunder, (laut Altem Testament) sieben Plagen, sieben Sinne und Siebenmeilenstiefel, man schwebt im siebten Himmel oder eben auf Wolke 7, manche Menschen sind ein Buch mit sieben Siegeln.
Zahlreiche Filme („Sieben“, „Sieben Jahre in Tibet“, „Sieben Monde“, „Sieben Leben“, etc.) und Märchen („Der Wolf und die sieben Geißlein“, „Schneewittchen und die sieben Zwerge“, „Das tapfere Schneiderlein“ schafft „sieben auf einen Streich“, die berühmten sieben Streiche von Max und Moritz) beziehen sie ein.
Bands verwenden sie in ihren Namen (Seven Nation Army, S Club 7, Sub7even) oder in ihren Songs („Über sieben Brücken musst du gehen“, „Ich pack meine sieben Sachen und geh“, „Sieben Mal flecht ich dein Haar um den alten Apfelbaum“, „Sieben Tage, sieben Nächte“, „7 Things I Hate About You“, „Sieben Raben“).
Die Tonleiter hat sieben Töne, die gegenüberliegenden Seiten eines Würfels ergeben zusammen die Zahl Sieben, wenn ein Spiegel zerbricht, hat man sieben Jahre Pech und in Bezug auf das Eheleben spricht man ja gerne vom verflixten siebten Jahr, in dem viele Ehen zerbrechen (sollen).
Nicht zu vergessen natürlich der Agent 007 und mit Buchtiteln will ich gar nicht erst anfangen – die Liste könnte wohl endlos fortgesetzt werden (wenn euch noch etwas einfällt, gerne als Kommentar ergänzen).
Für mich hat die Sieben heute eine ganz andere Bedeutung, denn im Zuge meiner „Recherchen“ für den Artikel über das Bloggen stellte ich fest, dass ich mit dem heutigen Tag meinen siebten „Blogger“-Geburtstag feiere, also schon in mein achtes Jahr als Quasi-Bloggerin starte. Eine Wahnsinnszeit, wenn man sich die Schnelllebigkeit und die geringe Lebensdauer von Blogs in der heutigen Zeit anschaut. Und genau genommen existieren ja meine Blogs auch nicht mehr im ursprünglichen Sinne, sondern sind im Laufe der Jahre mehrfach umgezogen und schließlich zu einer „großen“ Domain zusammengewachsen.
Trotzdem möchte ich das heutige Datum nutzen, um nochmals auf meine bisherigen sieben Bloggerjahre zurückzuschauen. Um zurückzublicken auf meine Anfänge, um erneut über meine schreiberische Entwicklung zu staunen, um in Erinnerungen zu schwelgen, um Gefühle und Gedanken wiederzuentdecken und natürlich auch um mich zu fragen, ob ich heute in bestimmten Situationen anders handeln würde und warum ich nicht mehr aus diesem Hobby gemacht habe. (Das sind schon wieder sieben Dinge, wirklich beängstigend.)
Am 07. Januar 2006 beschloss irgendwo in Rostock eine sich einsam fühlende junge Frau mitten in der Nacht, dass es an der Zeit ist, ihre – zu diesem Zeitpunkt sehr düsteren – Gedanken festzuhalten und mit der Welt zu teilen. Relativ frisch getrennt, der Ex gerade aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen, schwebte eine gewisse Perspektivenlosigkeit zu Beginn eines neuen Jahres durch die vier Wände, die schließlich die Geburtsstätte der sogenannten „Schattengedanken“ sein sollten. „Gedanken eines gefallenen Engels?“ lautete damals der Untertitel meines Blogs, das Design war schwarz gehalten, lediglich der später hinzukommende Banner brachte mit einem Sonnenuntergang zumindest ein wenig Licht und zeigte einen kleinen Hoffnungsschimmer am Horizont.
Und was habe ich damals gelitten! Innerlich, auf der Tastatur, in meinem Kopf, im Herzen und auf meinem Blog, der mein täglicher, ja eigentlich schon fast stündlicher Begleiter wurde. Ich war froh, alles einfach irgendwie aus mir raus schreiben zu können, und meinen Seelenmüll einfach irgendwo da draußen in der unendlichen Weite des Internets abzuladen. Mir war egal, wer das alles lesen konnte – Familie, Freunde, Arbeitskollegen, Nachbarn, der Ex und seine Neue (sorry, Inga, aber in diesem Zusammenhang wirst Du immer negativ behaftet „die Neue“ bleiben – ich weiß, Du verstehst mich). Mir war egal, dass ich meine ganze Persönlichkeit derart öffentlich darlegte oder vielmehr darstellte und dass all diese Informationen nicht nur über mich, sondern ja auch über mein Umfeld berichteten. Irgendwann zielte ich sogar ganz bewusst darauf ab, dass bestimmte Personen auf diese Seite schauen und diese Zeilen lesen, die ich – mal mehr, mal weniger offensichtlich – ihnen gewidmet hatte.
Es war eine harte Zeit damals, als ich mit dem Bloggen begann. Nicht nur für mich, sondern auch für viele Menschen in meinem Umfeld, die ich von mir stieß und immer nur auf den Blog verwies. Reden war mit mir schon vorher schwer, und auch nach diesen schlimmsten Phasen kann ich ganz sicher nicht behaupten, eine verbale Kommunikationsbombe zu sein (außer ich hab einen echten Redeflash und kann über etwas referieren, das mich wirklich interessiert und begeistert), doch die Anfangszeiten des Bloggens bedeuteten für meine Freunde, dass ich noch mehr schwieg. Ich schrieb lieber, einsam in meiner Wohnung verbarrikadiert und die Welt außerhalb des Internets ausblendend und ignorierend, mich selbst bemitleidend, aber nicht in der Lage zu erkennen, dass die Ursache auch und vor allem bei mir selbst lag. Im Nachhinein betrachtet tat mir das überhaupt nicht gut, doch so hat schließlich auch die schreiberische Ader in mir ihren Ursprung oder vielmehr eine Möglichkeit des Auslebens gefunden.
Aus ewiglangen Blogeinträgen (wie ich sie heute ja offensichtlich nicht mehr schreibe *hust*) wurden irgendwann Gedankenkonstrukte, die für richtig kreative Sachen herhalten konnten, mussten und durften. Immer alles auf meinen ganz persönlichen Emotionen basierend, mit persönlichen Erinnerungen verknüpft oder auf persönlichen Wünschen aufgebaut. Schreiben wurde mein Leben, Gedichte wurden Geschichten und Gedankenblitze wurden zu ausgearbeiteten Ideen, die heute irgendwo vergraben liegen, auf der alten Festplatte meines Standrechners oder vielleicht auch auf vereinzelten Papier-Schnippselchen. Eigentlich müsste ich diese Schätze mal hervorholen und schauen, was sich daraus eventuell machen ließe. Denn Potential scheint vorhanden zu sein, wenn ich diversen Menschen, die einige meiner kreativen Texte gelesen haben, Glauben schenken darf.
Ich blicke zurück auf sieben Jahre voller Höhen und Tiefen, in denen sich viel getan hat. Nicht nur die Blogadresse und der Inhalt haben sich geändert, nicht nur meine Sprache und Ausdrucksweise haben sich entwickelt – vor allem ich selbst bin an den verschiedenen Dingen gewachsen. Noch immer lösen Texte von diesen Anfangszeiten unheimlich viel aus, seien es Tränen oder Bauchschmerzen, sei es ein Lächeln oder ein echtes Glücksgefühl. Subjektiv betrachtet mögen die schlechten Zeiten überwogen haben, doch das dürfte auch daran liegen, dass ich in den negativen Momenten viel eher in der Lage war, meinen Gedanken auf schriftlichem Weg Luft zu machen. Wenn es mir gut ging, fand ich andere Mittel. Ich ging raus an die Luft, traf mich mit meinen damals wenigen „echten“ Freunden, unterhielt mich per Chat mit mir ans Herz gewachsenen Menschen – kurz gesagt lebte ich, wenn es mir gut ging. Und wenn es mir schlecht ging, starb ich jeden Tag ein kleines Stückchen mehr in dieser Welt aus Mauern, die ich mir selbst aufgebaut hatte.
Wohin hat mich das alles gebracht?
Auch wenn man es nicht glauben möchte, sind aus dieser Zeit echte Freundschaften entstanden. Freundschaften, die online begannen und es geschafft haben, auch das reale Leben zu überleben. Freundschaften, die mit einer Verliebtheit begannen und heute zu den wichtigsten Bezugpersonen meines Lebens gehören. Freundschaften, die den Wandel dieser sieben Jahre miterlebt und mitgemacht haben und die trotzdem immer noch bedingungslos Rückhalt gebend an meiner Seite stehen.
Das Bloggen selbst hat mir einen Weg gezeigt, mich schriftlich auseinander zu setzen – mit Dingen, die mich begeistern, mit Gedanken, die mich beschäftigen, mit Gefühlen, die mich berühren, mit Menschen, die alle drei Verben für sich beanspruchen können. Für mich ist Bloggen niemals „nur“ Bloggen gewesen und das hat sich in all den sieben Jahren nicht verändert. Bloggen ist eine Art des Ausdrucks, eine Möglichkeit des Erzählens und des Gehörtwerdens. Für mich ist Bloggen ein Teil meines Lebens, auch nach diesen sieben sehr durchwachsenen, mitunter verqueren Jahren, den ich nicht mehr missen möchte.
Man kann vieles über das Bloggen sagen, viel Gutes und viel Schlechtes, doch wenn ich mir meine – rein bloggerische – Entwicklung anschaue, dann kann ich nur sagen, dass ich wohl irgendwas richtig gemacht habe. Denn ich (und meine Blogs) sind noch immer da. Und wir werden gelesen, gesehen und gehört, auf die eine oder andere Art und Weise.
Was die nächsten sieben Jahre bringen werden und ob es in sieben Jahren wieder einen solchen Artikel geben wird, kann ich jetzt natürlich noch nicht sagen. Dinge ändern sich, Menschen ändern sich und die Welt ändert sich auch. Aber ich weiß, dass ich morgen noch da sein werde. Und übermorgen. Nächste Woche und nächsten Monat. Nächstes Jahr und auch das Jahr darauf. Ob mit oder ohne Blog – wer weiß das schon?
Zum Abschluss noch etwas zum Schmunzeln, nämlich eine Frage, die mir vorhin über den Weg „gelaufen“ ist und über die ich noch immer grinse:
Was ist sieben mal sieben? – Ganz feiner Sand!
In diesem Sinne: Ich bin froh, dass ihr bei mir seid und ich bei euch sein darf. Wir lesen uns – versprochen!
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eine Kommentar
„Was ist sieben mal sieben? – Ganz feiner Sand!“
Ich habe den ganzen Eintrag über DARAUF gewartet.
Herzlichen und so! *busserlt*