Ein Lesewochenende mit Lilly Lindner.

… oder zumindest mit ihren Büchern.

splitterfasernacktSeit Oktober 2011 steht ungelesen „Splitterfasernackt“ in meinem Bücherregal. Als ich Lilly – und ihr Buch – auf der damaligen Frankfurter Buchmesse kennen lernen durfte, war für mich klar, dass ich an diesem Titel nicht vorbeikommen würde. Genauso klar war mir aber auch, dass es nicht leicht werden würde, mich mit dem Thema auseinander zu setzen. Eigene Erfahrungen, wenn auch nur in Bruchteilen, niedergeschrieben in Büchern zu lesen, ist nie leicht. Ich musste dieses Buch haben, auch wenn ich ganz genau wusste, dass es seine Zeit dauern wird, bis ich es lesen kann.
Und ich habe es schon mehrfach versucht. Lange das Cover angestarrt, von dem aus Lilly den Leser sofort gefangen nimmt. Den Text auf der Rückseite gelesen, der schon fast mehr ist, als die geschundene Seele aushält. Das Buch trotzdem aufgeklappt und auch den Text auf der vorderen Buchklappe gelesen, der gleichzeitig sacht berührt und tief verletzt. Das Inlay betrachtet, das wieder Lilly zeigt, auf einem blassschwarzen Untergrund.

Aber ich konnte es nicht. Ich hatte zu viel Angst vor dem, was Lillys Worte in ihre geballten Kraft in mir auslösen würden. Also stand das Buch im Regal, warf bei jedem Vorbeigehen seinen Schatten nach mir und rief danach, endlich zur Hand genommen zu werden.

bevor-ich-falleEin Jahr später ging dann im Oktober 2012, ebenfalls auf der Frankfurter Buchmesse, auch „Bevor ich falle“ in meinen Besitz über. Ein Buch, das von der Thematik her anders, aber nicht weniger schwierig ist. Doch meine Eigenart, Bücher am liebsten in der Reihenfolge ihres Erscheinens lesen zu wollen, hat mir quasi verboten, zuerst Lillys zweites Buch zu lesen. In gewisser Weise könnte man fast sagen, dass ich vor einer schwierigen Aufgabe stehe und mir das Lesen erst nach Bestehen dieser Aufgabe erlauben darf.
Aber auch das konnte meinen inneren Widerstand nicht brechen, sodass auch dieser Roman seit seinem „Einzug“ im Regal steht, brav neben seiner großen Schwester, und geduldig ausharrt, bis seine Zeit gekommen ist. Dabei schloss er sich der Beharrlichkeit und Ausdauer, die brüchigen Mauern meines mentalen Widerstandes Stück für Stück zu zerbröseln und die Herausforderung endlich anzunehmen, an – bisher erfolglos.

Red-threadUnd dann kam der 05. April 2013, an dem Lilly hier in Hamburg eine Lesung gegeben hat. Eine Lesung, von der ich nur durch Zufall erfahren habe und für die ich, wenn ich an diesem Abend nicht ohnehin „frei“ gehabt hätte, alle anderen Termine sofort abgesagt hätte. Denn Lilly nach mehr als anderthalb Jahren wieder zu sehen und mich ganz langsam, oder viel mehr mit einem großen Schritt und voller Wucht, an das Lesen ihrer Bücher heran zu tasten, erschien mir unumgänglich. Ich hatte das Glück, dass ich diese Lesung – von der ich ebenfalls wusste, dass sie hart wird – nicht alleine durchstehen musste, sondern mir eine Freundin zur Seite stand. Für die es auch nicht einfach war. Was es umso bedeutungsvoller machte.

Nach der Lesung beschlossen wir schließlich, die Bücher gemeinsam zu lesen. Zu diesem Zweck bin ich nun für ein Wochenende aus Hamburg „geflüchtet“. Noch immer wirkt die Lesung extrem nach und vielleicht schaffe ich es nach diesem Lesewochenende endlich, auch meinen Lesungsbericht zu schreiben. Denn jedes Mal, wenn ich Fotos anschaue oder Texte zu Lillys anderen Lesungen anschaue, bleibt mir wieder und wieder die Luft weg.
Doch wenn ich den Kampf einmal aufnehme, dann gleich richtig.


|


3 Kommentare
  1. ClauDia sagt:

    dreimal angefangen… dreimal gelöscht. Ich habe die Bücher gegoogelt und die Rezis gelesen.
    und schon wieder gelöscht. vielleicht sollte ich gar nichts sagen? aber es berührt mich, was du schreibst und ich bin froh, dass du nicht allein lesen wirst. Ich bin gespannt, was du über dieses WE schreibst.
    Liebe Grüße
    Claudia

  2. privatkino sagt:

    Diese Bücher nicht alleine zu lesen, die Worte mit jemanden teilen zu können, es ist ein großes und vor allem wichtiges Geschenk, weil es wird weh tun, manche Bücher, manche Buchstaben, sie brennen sich einfach in die Seele ein, schmerzen, aber gemeinsam lässt es sich teilen, die Verzweiflung und Angst, solange ihr euch festhaltet und den Weg gemeinsam geht, solange könnt ihr alles schaffen.
    Ich bin gespannt, wie eure Geschichte ausgeht.
    Wünsche euch alles Gute!

Leave a Reply