kollektiv22: Wie sieben „Jungs“ mein Leben veränderten
Der 09. September 2012 wird für mich immer ein wichtiger Tag bleiben, der viele gute Erinnerungen an aufregende Gänsehaut-Momente nach sich zog, mich in seiner Intensität bis heute begleitet und viele spannende Dinge nach sich zog – allesamt gänzlich unerwartet und wahrscheinlich genau deshalb so wundervoll.
An diesem Abend sollte die Premieren-Lesung von Franka Lyra Stolz stattfinden, die gleichzeitig auch meine Lesungs-Organisations-Premiere war. Alles war recht kurzfristig und lief etwas holperig an, doch insgesamt kann man von einem Erfolg (voller Laden, zufriedene Besucher, glückliche Autorin) sprechen – wie offensichtlich auch der Verlagschef fand, der mich direkt auf der Frankfurter Buchmesse für eine größere Lesungssache in diesem Jahr in Beschlag genommen hat. Doch dazu dann zu gegebener Zeit, also schon sehr bald mehr – es wird aufregend!
Jedenfalls, um uns beiden die stündlich wachsende Aufregung zu nehmen und damit Franka während ihrer knapp zweitägigen Zeit in Hamburg auch ein bisschen mehr als nur meine Wohnung und die Veranstaltungslocation von der Stadt sieht, habe ich relativ kurzfristig ein Ablenkungsprogramm zusammen gestellt, das allerdings ausschließlich musikalischer Natur war, wobei mir der Hamburger Veranstaltungskalender sowie von Freunden und Bekannten sehr behilflich war.
An jenem Wochenende fand das „Live für die Insel“-Festival statt – mitten Hamburg, mitten auf der Straße, mitten auf einer Verkehrsinsel. Ziemlich coole Idee, bei der sich verschiedene Künstler zusammen getan hatten und natürlich auch Musik nicht fehlen durfte. Dank Stalkingmaschine Facebook wusste ich, dass eine der beiden Bands eines Bekannten am Sonntagmittag dort spielen würde, also machten Franka und ich uns nach einem guten Frühstück auf zum Schulterblatt. Der Auftritt war gut, allerdings beschäftigten wir uns neben den Personen auf vor allem mit den Menschen vor der Bühne.
Denn dort sprangen einige junge Männer munter durch das Publikum, tanzten und hüpften und benahmen sich völlig … „befreit“ dürfte aus heutiger Sicht das richtige Wort sein. Zum damaligen Zeitpunkt allerdings sahen wir uns nur an und fragten uns, was das eigentlich für seltsame, durchgeknallte Typen waren. Total fasziniert von diesen Jungs bekamen wir irgendwann mit, dass die Band, wegen der wir eigentlich da waren, langsam zum Ende kam. Unsere Vermutung, dass es sich bei den „völlig durchen Typen“ um die nachfolgende Band handelt, wurde dann auch schon bald bestätigt, und wir dachten uns – zugegebenermaßen sehr gönnerhaft –, dass man sich ja mal anschauen kann, was die „Hipster-Jungs“ so können.
kollektiv22, „Live für die Insel“-Festival 2012 (v.l.n.r.):
daniel (vocals, lyrics), lenny (guitar), kouchen (drums), ben (vocals),
tom (mandoline, lyrics), laurens (bass), david (vocals, guitar)
Mein herzlicher Dank geht an Li* Pictures für die Bereitstellung des Fotos!
Und dann überzeugte uns das kollektiv22 sofort mit dem ersten Song – Musik, Text, Performance, Stimme, Publikumsbezug – das ganze Auftreten passte einfach. Spätestens mit den Zeilen „Es geht nicht weiter als zum Horizont, also muss ich meinen Horizont erweitern.“ aus „Bonnie“ und „Lieben tut gut, doch lieben lassen tut weh.“ aus „Zugvögel“ hatten diese sieben Kerle uns für sich eingenommen und für Franka und mich stand außer Frage, dass wir bis zum Ende ihres Auftritts bleiben würden. Noch während sie auf der Bühne standen, wurde ich Facebook-Fan, und nach dem Auftritt ging ich sofort auf die Sänger Ben und Daniel zu und fragte nach einem Interview zum Thema Songlyrics und Co., die beide sehr aufgeschlossen und sofort zugestimmt hatten
Dieses Interview steht aktuelle immer noch aus, was meine Schuld ist – ich komme einfach nicht dazu, den Fragebogen zu erstellen, weil ich ständig auf ihre Konzerte muss ;) Aber es kommt noch. Bald!
Nun kann man sich natürlich fragen, was genau mich nun nach diesem lediglich einen Auftritt dieser ziemlich unbekannten, wenn auch sehr talentierten Band dazu gebracht hat, ständig vom kollektiv22 zu reden, ihre Musik per Video in Dauerschleife anzuhören, mich mit Shirt und Mütze offiziell als Fan zu outen, zu fast jedem Gig zu rennen, nahezu jeden Beitrag der kollektiv22-Facebook-Seite zu liken, andere Menschen mit meinem Wahn meiner Begeisterung anzustecken und mir zu guter Letzt vor einer Woche auch noch einen Teil des offiziellen Bandlogos mit einem von mir ausgedachten Zusatz in die Haut ritzen zu lassen (zu diesem Thema wird es noch einen gesonderten Beitrag geben).
Und tatsächlich lässt sich diese Frage nicht so einfach beantworten, wegen der einfachen Gegebenheit, dass die Gründe hierfür genauso vielseitig sind wie die sieben jungen Männer und die Musik, die sie zusammen machen. Es ist aber nicht nur die einzigartige Mischung verschiedener Musikstile in Verbindung mit großartigen, klugen und gefühlvollen Texten, sondern es sind auch die Menschen an sich, die ich in der Zwischenzeit zumindest auf oberflächliche Weise ein ganz klein wenig besser kennen lernen konnte. Der erste Eindruck war hier derart trügerisch, dass ich schon fast ein schlechtes Gewissen habe, und es ist so ein wunderbares Beispiel dafür, wie sehr man sich in positiver Hinsicht täuschen lassen kann.
Neben der Musik und den wortgewaltigen Songtexten konnten mich kollektiv22 aber vor allem mit einer Eigenschaft beeindrucken: Sie sind einfach, wie sie sind. Vor der Bühne, während der Auftritte, nach dem Konzert sind sie immer die gleichen Personen, da ist alles authentisch, von der kleinsten Geste bis hin zum größten im Lied transportierten Gefühl. Sie verstellen und sie verstecken sich nicht, und das ist so wunderbar erfrischend und inspirierend für einen selbst.
Ich habe wieder extrem viel mehr Lust, selbst Gitarre spielen zu lernen und wieder mit dem kreativen Schreiben zu beginnen, sogar einige Ideen zu Quasi-Gegenstücken von kollektiv22-Songs schwirren in meinem Kopf rum. Ein Ohrwurm wird vom nächsten abgelöst, neue Titel gehen sofort in die Füße, bei Konzerten kann man nicht still stehen geschweige denn still sitzen, Mitsingen ist Pflicht. Ein einziger kollektiv22-Song reicht aus und schon ist man wieder völlig im Rausch, will tanzen, singen, zum nächsten Konzert. Es ist wie eine Sucht.
Und es ist einfach spannend zu sehen, wie sich aus sieben Einzelpersonen eine Gemeinschaft entwickelt, die zusammen hält und etwas Großartiges auf die Beine stellt. Wie aus einer kleinen Gruppe von Freunden eine funktionierende Band entsteht, die mit jedem Tag wächst, genauso wie ihre Fan-Gemeinde. Denn kollektiv22 begeistern generationsübergreifend und da denkt man schon mal drüber nach, sich noch mal zum kreischenden Teenie zurückentwickeln zu wollen.
Mein Leben hat das kollektiv22 in vielen Punkten, aber vor allem dahingehend verändert, dass ich mich nicht mehr auf erste Eindrücke verlasse, dass ich wieder an die Kraft der Worte glaube, dass ich die Liebe zur Musik wiedergefunden habe und dass ich ein sehr gutes Beispiel dafür erhalten habe, dass man immer noch am weitesten kommt, wenn man einfach man selbst ist.
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3 Kommentare
Hey! Ich hab die Jungs auch gesehen. Und zwar spielten sie als Support für Jupiter Jones in der Markthalle… zwei Bands sind vor Jupiter Jones aufgetreten, und beide haben sie JJ in Grund und Boden gespielt. Mir hat die erste Band (Philosoulophy hießen die) am besten gefallen, kollektiv22 hat mich zwar auch begeistert, aber die songs von Philosoulophy hatten irgendwie mehr Wumms und sind bei mir einfach besser angekommen. Ich kanns gar nicht so genau beschreiben-irgendwas an denen hat mich total fasziniert. Wie bei dir mit Kollektiv22, hat’s bei mir mit Philosoulophy gefunkt ;) Trotzdem, Kollektiv22 ist auch sehr geil. Die beiden Bands können sich auf ne rosige Zukunft freuen, wenn sie’s richtig machen…
Ich hab sie gefunden :) Haben jetzt nen neues video rausgebracht… FREEEEEEEEEEEEEEEEUUUUU :))
Schau mal hier: http://www.youtube.com/watch?v=03OCAgyaKCY Wirst du bestimmt auch mögen!
Hey Mike,
ich freue mich, dass Du an Philosoulophy so großen Gefallen findest. Werde mir das Video bei Gelegenheit mal anschauen.
Liebe Grüße,
die Schattenkämpferin