Literarische Zitate #10 – Splitterfasernackt (Part One)
Die erste Jubiläumsausgabe der „Literarischen Zitate“ soll einem sehr besonderen Buch gewidmet sein. Natürlich ist jedes der bis hierher zitierten Bücher ein besonderes gewesen und auch jedes weitere hat seinen ganz eigenen Stellenwert in meinem Leserherz.
Doch heute (und in einer weiteren Ausgabe) soll es um ein Buch gehen, das mich nicht nur herausgefordert hat, sondern dessen Autorin mich auch über alle Vorstellung beeindruckt und berührt. Mit jeder Zeile, die ich von Lilly lese, und mit jedem Wort, das wir austauschen, öffnet sich mein Herz immer mehr und wird weit, weit, weit für die Geschichte dieses Mädchens.
Eigentlich ist es schwierig, aus ihrer Autobiographie Zitate herauszu“schneiden“, denn dieses Buch kann, nein, muss man als Gesamtbild betrachten, auch wenn es sehr schwerer Stoff und manchmal kaum auszuhalten ist. Ob es zu „Splitterfasernackt“ jemals eine Rezension auf den Schattenwegen geben wird, vermag ich nicht zu sagen. Es ist ein sehr besonderes Buch mit einer sehr persönlichen Geschichte und Bedeutung. Auch für mich.
Trotzdem habe ich versucht, zumindest einige der „besten“ und „schönsten“ Wortgewalten herauszufiltern, um sie mit euch teilen zu können.
Den größten Teil meiner Freizeit verbringe ich auf meinem Bett, umgeben von einem Stapel von Büchern. So flüchte ich mich in die Welt der Geschichten und lebe dort mehr als irgendwo sonst.
(Seite 33)
Ich will hungern, bis in den Tod – obwohl ich nichts mehr möchte als endlich leben. Ich weiß: Das ist eine kaputte Satzinteraktion. Aber Anas Sprache ist schwer zu übersetzen, sie wird unverständlich, sobald man versucht, sie zu erklären.
(Seite 66)
Dafür wird mir schwindlig. Und ich verschwinde in einem Bild, hinter einem Bild, neben einem Bild, das ich von mir gemalt habe.
Ich bin ausradiert.
Mit Löschpapier bekleidet.
(Seite 67)
Das Schweigen, das mich umgibt, ist nicht lautlos. Es brüllt und dröhnt und ist voll von fremdem Geflüster. Ich höre das Rauschen ganz deutlich, es ist lauter als jede Musik. Ich lasse die Abgrenzungen vor mir Stellung beziehen, bin gefangen in ihrem Bann und beobachte, wie alles andere, fernab, an mir vorbeizieht. Was auch passiert, wohin ich auch gehe, diese unausgesprochenen Worte werden für immer da sein und mich beharrlich anschweigen. Sie legen sich um mich wie ein Schleier, und ich trage ihn mit Bedacht, weil er mich verhüllt vor der Wahrheit.
Aber irgendwann wird er fallen.
Und ich mit ihm.
(Seite 70)
Heute bin ich ein gebrochener Teil. Heute ist meine Welt schwarz und die Regenwolken am Himmel werfen ihre nassen Schatten auf mich und schwören mir, bis ans Ende meiner Tage direkt über meinem Dasein zu schweben. Ich glaube ihnen jedes Wort. Ich glaube generell alles, was Gegenstände oder Dinge, die am Himmel schweben, zu mir sagen. Trotzdem kaufe ich keinen Regenschirm.
(Seite 78)
Es gibt Dinge, die will man nicht wissen. Es gibt Menschen, die wird man für immer vermissen. Und die Zeit, sie tanzt auf einem gebrochenen Bein – wenn ich nach ihr greife, hinkt sie davon.
(Seite 87)
„Zwischen den Zeilen liest man nur, wenn man weiß, wie es ist, umgeben von Worten und Worten die eigenen zu finden.“
Anschließend bin ich in einen luftleeren Traum gefallen.
(Seite 122)
„Wenn Du vor mir stehst und mich ansiehst, was weißt Du von den Schmerzen, die in mir sind, und was weiß ich von Deinen? Und wenn ich mich vor Dir niederwerfen würde und weinen und erzählen, was wüsstest Du mehr von mir als von der Hölle, wenn Dir jemand erzählt, sie ist heiß und fürchterlich. Schon darum sollten wir Menschen voreinander so ehrfürchtig sein, so nachdenklich … stehen, wie vor dem Eingang der Hölle.“
(Seite 127)
Und wenn das Leben eine Aneinanderreihung von Glückseligkeiten wäre, dann würde es wahrscheinlich so beginnen, und keiner würde daran zweifeln. Aber kein noch so schöner Moment wäre von Wert, wenn er umgeben wäre von nichts anderem als seinesgleichen. Denn wir wissen nie, wie leise es ist, bis jemand anfängt zu schreien.
Stille. Existiert nur im lauten Raum.
(Seite 172)
Platz eins auf der Rangliste der meist genutzten Hinweise: „Die ultimative Lösung für jede Art von Krise sind Kalorien. Natürlich keine Kalorien, die man zu sich nimmt, sondern die, auf die man verzichtet.“
(Seite 182)
„Verzweiflung ist eine aussichtslose Situation, in der man seinen wahren Charakter erkennt.“
(Seite 185)
„Schönheit ist das, was wir sehen, wenn wir aufhören, nach etwas zu suchen, das schöner ist.“
(Seite 202)
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